Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Freitag, 4. November 2016

Zur Geschichte der Regensburger Galerien Teil 2

Dies ist die Fortsetzung zu: Zur Geschichte der Regensburger Galerienszene - Teil 1


Galerie Peter Bäumler, Obere Bachgasse

Die wohl älteste Galerie in Regensburg existierte von 1973 bis 31.12. 2013. Dann ging Peter Bäumler in den Ruhe stand. Die Galerie wurde von Andrea Madesta übernommen, die die Galerie anfangs unter altem Namen, mittlerweile unter eigenem Namen fortführt.


Galerie Bäumler, Galerienabend September 2013
Seine Galerie gründete er anfangs offenbar unter dem Namen "galeria nova" und mit minimalen Startkapital. Und als Autodidakt schaffte er es nicht nur, sich sowohl in Künstler wie in Sammler "reinzudenken", sondern auch, dass er über die 40 Jahre hinweg Künstler mit internationalem Renomee nach Regensburg holt. Wobei Regensburger Künstler durchaus auch vertreten wurden.










Bäumlers Galerie war also nicht nur die erste und langlebigste Galerie in Regensburg, sondern hatte auch internationales Renomee. Sie hat die Galerienszene nachhaltig geprägt.


Galerie Bäumler, Galerienabend 2013
Peter Bäumler benutzte die Galerieräume nicht nur für Ausstellungen. Vielmehr wurde die Galerie in den 70er und 80er Jahren, also es noch nicht so viel Veranstaltungsräume gab, so etwas wie ein inoffizielles Kulturzentrum.

Es gab Jazz in der Galerie, unabhängig von Ausstellungen, es gabLesungen, Theaterleute konnten ihre Ideen verwirklichen, die Würzburger Puppenspieler präsentierten ihre Versionvom Kleinen Prinzen und ERwin Pelzig, damals naoch Frankie Barwasser, wirkte auch mit.


Eine kleine Hommage und einen Rückblick findet man in diesem Artikel: 
http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt/so-kam-die-kunst-nach-regensburg-21178-art998804.html



Übernahme durch Andrea Madesta
oder: Galerie Dr. Andrea Madesta 


Galerie Andrea Madesta, Galerienabend 2016
Die Übernahme der Bäumler-Galerie durch Andrea Madesta war ein gelungener Coup für die Galerie Bäumler und führt zu einer Art "Fortleben" der Galerie.  Die letzten drei Jahre scheinen zu bestätigen, dass die Galerie weiterhin auf hohem Niveau  agiert.

Peter Bäumler hat nicht einfach die Räume übergeben, sondern ihr auch für drei Jahre die Namensfortführung erlaubt und ihr Hilfestellung und Unterstützung zugesichert. So hieß die Galerie ab 2014 bis einschließlich 2015 "Galerie Peter Bäumler, Inhaberin Dr. Andrea Madesta"

Die dreijährige Namensunterstützung hat sie offenbar nicht ausnutzen müssen - schon seit Anfang 2016 firmiert die Galerie jetzt unter ihrem neuen, eigenen Namen: Galerie Andrea Madesta. Das ist ein gutes Zeichen, denn sie hat sich offenbar einen guten (eigenen) Namen gemacht, so dass sie diese im Handel klassische Namens-Unterstützung nicht mehr benötigt.

Diese Namenfragen sind mir deshalb wichtig, weil man sonst  Galerienführer oder  Zeitungsartikel aus den letzten Jahren nicht versteht. 

Fr. Dr. Madesta, Galerienabend 2016
Interessant ist die Vorgeschichte. Frau Dr. Andrea Madest hatte 2009 das Kunstforum Ostdeutsche Galerie übernommen, das bei Insidern schon mal als Schlangengrube genannt wurde. Der dortige frühere Leiter Lutz Tittel ging im Streit - er prozessierte gegen seine Entlassung. Und Frau Madesta wurde nach nur einem Jahr auch entlassen - mit viel Wirbel und hässlichen Medienberichten. Zu viele Details wurden in die Öffentlichkeit lanciert, Madesta wurde in uncharmantem Licht dargestellt, und der anstehende Kündigungsschutzprozess hätte weitere Schmutzwäsche bedeutet. Der Kündigungsschutzprozess wurde dann durch einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung erledigt (wahrscheinlich Ende 2010 oder Januar 2011) „Die Kampagne von Seiten der Stadt gegen mich war so negativ, dass meine Karriere ohnehin nicht mehr zu retten ist“, sagte sie dem Wochenblatt in einem Artikel vom 20.1.2011

Nun - in der eigenen Galerie kann sie sich jetzt verwirklichen, ohne dass ihr jemand drein redet. Im übrigen scheint das Führen einer Galerie nicht der einzige Beruf zu sein. Auf ihrer persönlichen Webseite heißt es:

Dr. Andrea Madesta, Kunsthistorikerin, Ausstellungsmacherin und wissenschaftliche Autorin konzipiert und organisiert unabhängig raum- und themenbezogene Ausstellungsprojekte, verfasst Texte und Reden und berät bei Sammlungskonzepten und Kunstankäufen. http://www.andrea-madesta.de/

Andrea Madesta wurde 1964 in Fürth geboren und studierte Architektur, Literatur- und Kunstgeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg, 1999 promovierte sie bei Prof. Susanne von Falkenhausen an der Berliner Humboldt-Universität mit einer kunstgeschichtlichen Arbeit. Danach war sie  stellvertretende Leiterin der Kunsthalle Nürnberg, ab 2004 leitete sie das Museum Moderner Kunst Kärnten in Klagenfurt. 2009 bis 2010 war sie, wie schon gesagt, Leiterin der Ostdeutschen Galerie in Regensburg.

 
Quellen:
 
http://www.mittelbayerische.de/kultur-nachrichten/dr-madesta-uebernimmt-galerie-baeumler-21853-art1018779.html
http://www.mittelbayerische.de/kultur-nachrichten/ostdeutsche-galerie-madesta-wurde-gefeuert-21853-art610602.html
http://www.mittelbayerische.de/kultur-nachrichten/dr-andrea-madesta-soll-ostdeutsche-galerie-leiten-21853-art398713.html
http://www.wochenblatt.de/nachrichten/regensburg/regionales/Direktorin-gefeuert-Abfindung-;art1172,30455

http://www.newsplay.de/video/mittelbayerische/Bayern/Vermischtes/video-Andrea-Madesta-fuehrt-Galerie-fort-Kunst-Ausstellen-Amnestie-Heimat-Innung-Arbeit-752727.html



Kunstkontor Westnerwacht


Kunstkontor Westnerwacht, Galerienabend 2016
Diese seit Herbst 1996 aktive  Galerie ist glücklicherweise nach wie vor vorhanden. Da sie derzeit ihr 20 jähriges Jubliäum hat, gibt es statt einer Themen- oder Künstlerausstellung eine Jubiläumsausstellung mit Werken aller möglicher Künstler.


Zu diese Jubiläumsausstellung  heißt es auf der Webseite: "Im Herbst 1996 stellte sich das Kunstkontor mit einer ersten Einzelausstellung der kunstinteressierten Öffentlichkeit vor. Seit damals hat die Galerie ihren Schwerpunkt in der Präsentation hochwertiger figurativer zeitgenössischer Kunst. Seither sind auch einige Künstler-Nachlassverwaltungen hinzu gekommen, so z.B. der Gesamtnachlass von Willi Ulfig, eines bedeutenden Angehörigen der sogenannten „Verschollenen Generation“, oder auch der deutschlandweit umfangreichste Bestand grafischer Arbeiten des aus Regensburg stammenden wichtigen Expressionisten Josef Achmann. Insgesamt bildet die Galerie die regionale Plattform für 22 Künstler, deren Schaffen in der Jubiläumsausstellung durch ausgewählte Einzelarbeiten beispielhaft dargestellt werden soll"

Siehe zur Jubiläumsausstellung auch: http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/heiter-bis-freundlich-das-kunstkontor-21179-art1435335.html



Kunstkontor Westnerwacht, Galerienabend 2016
Die Galerie ist in einem denkmalgeschützten Gebäude untergebracht, dem so genannten "Gewürzstadel".  Um 1595 wurde an der Brunnleite auf den Fundamentmauern einer römischen Villa aus dem 3. Jahrhundert ein Speichergebäude errichtet, das wahrscheinlich  dem Gewürzhandel diente, weshalb man es den Gewürzspeicher nennt. 1994 und 1995 wurde das Gebäude umfangreich saniert.








Betreiber ist Emanuel Schmid. Auf dieser Webseite ist vermerkt, dass die Galerie schon 1994 existierte, aber die erste öffentliche Ausstellung im Jahre 1996 stattfand.

Zu seiner Person findet man Informationen auf dieser Seite http://kunstkontor-westnerwacht.de/hp441/Galerist-Emanuel-Schmid.htm:

Was mir aufgefallen ist, ist die Herzlichkeit und Fröhlichkeit, mit der man als Gast begrüßt und behandelt wird. Und das ist durchaus auch eine bewusste Philosophie: Kunst nicht so tierisch ernst zu nehmen. Wer also noch Schwellenangst beim Besuch von Galerien hat, ist hier gut aufgehoben. Und er wird auch schnell von der ausgestellten Kunst begeistert sein. Und haben Sie den Mut, den Galeristen über Kunstwerke oder Künstler etwas zu fragen - Sie werden überraschend viel Interessantes erfahren.


Ost-West-Keramik Galerie Brigitte Knyrim
Hinter der Pfannenschmiede 3

Brigitte Knyrim, Helmut Knyrim, hier mit Jürgen Huber
anlässlich einer Vernissage im März 2009
Die Galerie gab es 1992-2015. Der Galeriebetrieb wurde Ende 2015 eingestellt, das Schaufenster ist aber noch vorhanden und die Räume werden als Atelier benutzt.

Brigitte Knyrim und ihr Helmut Knyrim, Kunsterzieher und Künstler, haben mit dieser Galerie ein Stück Galeriengeschichte geschrieben. Die Galerie ist nach außen hin unscheinbar, liegt außerdem versteckt, aber sie ist Fachkreisen anerkannt und vertrat renommierte Künstler.




Jürgen Huber zur Eröffnung seiner Ausstellung
in der Ostwestkunstgalerie von B. Knyrim, März 2009



Schwerpunkt waren Künstler aus dem osteuropäischen Raum, daher der Name Ost-West-Keramik.  Die Ausrichtung war angeblich einzigartig in Deutschland.  Zu sehen waren viele Skulpturen, Keramik aber ab 1997 zog auch die Malerei ein.

Der Name "Keramik" mag den einen oder anderen täuschen. Es geht nicht um Kunsthandwerk, also Keramik-Gebrauchsgegenstände, sondern um bildhauerische Kunst. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sich die Künstler in Ostblockstaaten tarnend als Töpfer bezeichneten.

Der Kunsterzieher Helmut Knyrim hatte 1989 den den tschechischen Keramikkünstler Michael Skoda kennen gelernÜber ihn bekamen das Ehepaar Knyrim  Einblick in die  Keramik-Kunst der damaligen  Ostblockstaaten, und sie machten sich auf Entdeckungsreise. „Das waren keine Töpfer, sondern Bildhauer, die oft an den Akademien mit Ton gearbeitet haben, weil das für die kommunistischen Kunstkommissare unverfänglicher war, denn Keramik galt als Volkskunst“, erklärte Helmut Knyrim in einem MZ-Artikel vom Nov. 2015

Künstler in diesem Bereich waren: Lubomir Silar (sehr faszinierende Werke!), Hana Purkrábková, Ren Hui, Franz Hitzler (auch Malerei), Lena Bosch. weitere Künstler auf der Webseite der Galerie, dort Menüpunkt "Künstlerseiten" (lässt sich leider nicht direkt verlinken)

Ein zweiter Schwerpunkt waren chinesische Künstler, die von Brigitte Knyrim bei ihren China-Reisen entdeckt wurden. Diese brachte sie über ihre Galerie nach  Regensburg, z.B.  Ren Hui (www.renhuiart.com/) Jener wiederum hatte dann eine große Ausstellung in der Städtischen Galerie

Helmut Knyrim wiederum übernahm vom befreundeten Galeristen Rudolph Pospieszczyk einige eher avantgardistische Künstler, die nicht nur einfach gefällige Kunst zeigen wollen. Oder, wie es seine Ehefrau in o.g. MZ-Interview formulierte "Für die harten Sachen war Helmut zuständig". Und so zog ab 1997 auch Malerei und Graphik in die Galerie (Künstler in diesem Bereich z.B. Gisela Conrad, Franz Hitzler, Jürgen Huber, Harald Klinger, Tom Kristen, Natascha Mann, Sara Rogenhofer, Leo Schötz)

In o.g. Zeitungsartikel erklärten die Knyrims, dass sie sich nicht zur Ruhe setzen wollen.  In der  ehemaligen  Galerie will der Keramik-Künstler Helmut Knyrim  weiterarbeiten, und seine Frau Brigitte Knyrim will sich dort der Quilt-Herstellung widmen. Jeder könne hereinkommen, sagten sie.




Galerie Norbert Blaeser, Neue-Waag-Gasse 2

In dem Artikel im Regensburger almanach 1998  wird die Galerie Norbert Blaeser aufgelistet.

Diese gibt es nicht mehr. Wahrscheinlich existierte sie von 1986 bis 2004 oder 2005. Ich fand keine Informationen über die Galerie. Ich weiß nur, dass dort - und zwar seit 2005 - die Galerie Art-Affair ist, die von Karl-Friedrich Krause ist - und dass bis 1986 eben Marion Grcic-Ziersch ihre Galerie hatte. Daher die Rekonstruktion 1986-2004.

Galerie Lindinger und Schmid, Margaretenstraße 8

Auch diese Galerie gibt es nicht mehr, und zwar, soweit ich das rekonstruieren kann, seit 2013.

Die Galerie gab es wohl von 1993 - 2013, Lindinger und Schmid gingen dann nach Berlin; den Verlag gibt es noch . Einen interessanten MZ-Artikel findet man hier: http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/ls-ziehts-nach-berlin-21179-art896342.html

In diesem MZ-Artikel heißt es:

Lindinger und Schmid bezogen 1993 das 1500-Quadratmeter-Haus an der Margaretenstraße. Im Untergeschoss zeigten sie die ersten Jahre Kunst. ...  Der Kunst-Adel gab sich in der Margaretenstraße die Klinke in die Hand. ... Nach zehn Jahren endete der Ausstellungsbetrieb. „Wir haben gesehen: Das Geld, das wir mit den Büchern verdienen, fressen Ausstellungen und Aktionen auf“, sagt Schmid. „Da haben wir irgendwann gesagt: Stopp.“


Fotogalerie Lichtschatten, Inhaber Harald Raab
Rote-Hahnen-Gasse 2.

Über diese im Almanach 1998 aufgeführte Galerie finde ich ebenfalls nichts.
Harald Raab ist mir als MZ-Reporter bekannt. Über die hier genannte Fotogalerie Lichtschatten fand ich im Internet überhaupt nichts; in den neueren Galerienführern kommt diese auch nicht vor.


Galerie Meimer und Weiß, Liselotte Meimer und Hannelore Weiß
Rote-Stern-Gasse 1

Auch über diese im Almanach 1998 genannte Galerie fand ich nichts . Ich weiß nur, dass in der Nachbarschaft, also Rote-Stern-Gasse 2, die 1996 gegründete Altstadtgalerie existiert. Inhaber Eva Bachfischer & Anna Joachimbauer



Fortsetzung: Teil 3