Das Peterskirchlein bzw. Peterskircherl in Regensburg (Fotos am Ende des Artikels) |
Die sogenannte Peterskirchlein (auch: Kreuz-Kirchlein) steht in der D.-Martin-Luther-Straße 24 in der Grünanlage in der Nähe des Regensburg Hauptbahnhofes. Die ehemalige Friedhofskirche St. Peter des katholischen Petersfriedhofs der Unteren Stadt ist heute gemäß Wikipedia eine Bulgarisch-Orthodoxe Kirche.
Wikipedia zur Kirche selbst: Die Kapelle ist ein klassizistischer Saalbau mit eingezogenem Chor und Westturm von 1804. An der Westfassade befinden sich zwei Erinnerungstafeln. Die obere erinnert an Bischof Georg Michael Wittmann, den Dompfarrer und Erbauer des Peterskirchleins sowie den späteren Weihbischof in Regensburg, dessen Herz hier bestattet ist. Eine weitere Erinnerungstafel ist Johannes Kepler gewidmet, der auf dem ehemaligen Petersfriedhof begraben ist. Sein Grab ging in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges unter und kann nicht mehr genau lokalisiert werden. Kepler wird auf dieser Tafel, die von der Johannes Kepler Universität Linz 1994 gestiftet wurde, als „Astronom, Weltharmoniker und Begründer der Christlichen Ökumene“ bezeichnet.
Plan von Regensburg aus 1829 - hier ist Süden unten und Norden oben. Napoleons Schlacht zwanzig Jahre davor (1809) hatte dafür gesorgt, dass es jetzt eine Maximilianstraße und ein neues Tor in der Stadtmauer gibt. Darunter sieht man: evangelischer und katholischer Friedhof. Der letztere ist der katholische Petersfriedhof. Einen Bahnhof gibt es noch nicht, also gibt es auch keine Allee als Verlängerung der Maximilianstraße. Zoombare Version: http://bavarikon.de/de/image/kpbO-BSB-BAR-0000000000118566 |
So genannte "Uraufnahme" 1812. Gelbe Markierungen: heutiger Straßenverlauf Die Karte enthält übrigens m.E. einen Fehler: katholischer und protestantischer Friedhof wurden verwechselt |
Nachfolgende Gegenüberstellung zeigt die Gegend aus Satellitensicht und aus einem Stadtplan von vor 1809. Im Stadtplan habe ich den heutigen Straßenverlauf rot markiert.
Der evangelische Petersfriedhof
Man muss unterscheiden: es gab den evangelischen Petersfriedhof und den katholischen Petersfriedhof.
Lange Zeit vor dem katholischen Petersfriedhof, der erst 1804 erbaut wurde, gab es schon den evangelischen Petersfriedhof. Er wurde auf einem ehemaligen Gelände eines schottischen Klosters errichtet, dem Weih-St.-Peter; die Gebäude und die Kirche wurden 1552 zerstört. Vorher schon, nämlich im Jahre 1543, erwarb die Stadt einen angrenzenden Weingarten, der dem Abt von St. jakob gehörte, und richtete ihn als evangelischen Friedhof ein. Man wollte schließlich die Protestanten nicht auf einen der zahlreichen katholischen Friedhöfe in der Stadt begraben. Daher kam es nach dem vorher schon angelegten evangelische Friedhof im Stadtpark (St. Lazarus) jetzt auch zu diesem evangelischen Petersfriedhof.
Den evangelischen Friedhof erweiterte die Stadt dann zweimal, einmal um den Platz auf dem das nunmehr zerstörte Weih-St-Peter-Klösterlein stand, und 1564 nochmals nach Süden. Insgesamt befand sich der Friedhof auf dem Areal vom heutigen Busbahnhof Albertstraße bis hin zum Stobäusplatz. Die obige Katasterkarte aus 1812 mit von mir eingezeichneten Straßenzügen zeigt diesen Bereich, daneben habe ich die google-earth-Ansicht gestellt.
1780, 24 Jahre vor Gründung des katholischen Friedhosfs, sah die Gegend so aus. Es gab nur den evangelischen Petersfriedhof |
Der evangelische Petersfriedhof um 1700 (im cod.icon 400) |
Der evangelische Petersfriedhof um 1700 (im cod.icon 400) |
Im Plan von Mayr aus dem Jahre 1807 ist der katholische Petersfriedhof schon eingezeichnet. Die Maximilianstraße gab es aber immer noch nicht. Napoleon war ja noch nicht da. Näheres zu diesem Stadtplan: http://www.regensburger-tagebuch.de/2016/10/zeitreise-in-das-jahr-1807-regensburger.html
Die Stadtmauer- und Stadtgrabenecke zwischen der heutigen (damals nicht existierenden) Martin-Luther-Straße und der heutigen (damals auch nicht existierenden) Maximilianstraße. Dort, wo der rote Punkt Keplers Monument zeigt, geht heute die Maximilianstraße zum Bahnhof; das Keplerdenkmal wurde etwas nach rechts versetzt, als man die Bahnhofs-Allee schuf. Die kleine rote Kirche am "neuen Katholischen Gottesacker" ist das Peterskirchlein zwischen Bahnhof und heutiger Andreasstraße. Das rote dreiflüglige Haus in dem Park (heutiger Schlosspark) war das deutschlandweit bekannte Haus des Gelehrten Sternberg, das heute nicht mehr existiert. Siehe auch: http://www.regensburger-tagebuch.de/2016/10/zeitreise-in-das-jahr-1807-regensburger.html |
Auf dem evangelischen Petersfriedhof sind neben Johann Kepler auch zahlreiche andere prominente Personen bestattet, z.B. der RatsherrAndreas Wilhelm Agricola nebst Ehefrau und kunstbegabten Sohn Christoph Ludwig Agricola, Ärztefamilie Schäffer, Kohlhaas und Mezger; der der Kaufmann Johann Küfner, der den Armen Regensburg bedeutende Gebiete vermachte und der Regensburger Geschichtsschreiber Carl Theodor Gemeiner und Christian Gottlieb Gumpelzhaimer.
Der Friedhof wurde 1933 aufgelöst, einige der wertvollen Grabdenkmäler landeten im evangelischen Zentralfriedhof oder im Museum.
Zur Geschichte des katholischen Petersfriedhofs
Der katholische Petersfriedhof wurde 1804 südlich des evangelischen Petersfriedhosf gebaut, etwa von der Albertstraße bis hin zu den ersten Bahngleisen.
Er war der erste katholische Friedhof außerhalb der Stadtmauern.
Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern waren übrigens früher keine Selbstverständlichkeit. Viele aufgeklärte Bürger hatten lange darum gekämpft, dass man (auch die katholischen) Friedhöfe endlich nach außen verlegt. Unter anderem des Gestanks wegen, und weil manchmal schaurige Töne zu hören war (die waren übrigens keine Einbildung, sondern hatten biologische Ursachen). Aber vor allem die medizinischen Erkenntisse über Hygiene-Zusammenhänge halfen dann letztlich, dass nach zähem Kampf gegen die katholischen Kräfte in Regensburg endlich ein Verbot für innerstädtische Friedhöfe kam. Die Römer waren uns in diesem Punkt weit voraus: sie bauten ihre Friedhöfe außerhalb der Städte, aber direkt an den Ausfallstraßen, so dass man an die Gefallenen erinnert wurde.
Es war anfangs ein Friedhof der armen Leute und Fremden, der Militärpersonen und gestorbener Spitalpatienten, sowie zugezogener Regensburger. Die anderen wurden in den anderen Friedhöfen innerhalb der Stadt begraben. Das waren die Friedhöfe an der
- Emmeranskirche,
- Obermünsterkirche,
- Niedermünsterkirche,
- Kassianskriche,
- Jakobskirche,
- Ägidienkirche,
- Domfriedhof (Domgarten).
Im Laufe der Jahrzehnte kamen im Petersfriedhof aber sehr viele angesehene Bürger dazu. Placidus Heinrich, Professor für Physik, KArl Proske, musikhistoriker und Kirchenmusiker, Domenicus und Johann Georg Mettenleiter (letzterer Verfasser der zwei Werke "Musikgeschichte der Stadt Regensburg" und "Musikgeschichte der Oberpfalz - das Grabmal blieb erhalten), Domkapellmeister Joseph Schrems und andere.
Es gab auch ein Leichenhaus, das später dann azur Benutzung für beide Konfessionen erweitert wurde und 1924 abgebrochen wurde.
Ab 1872 kam der Friedhof "außer Gebrauch", stattdessen gab es einen neuen katholischen Friedhof am Unterislingerweg.1873 wurde er stillgelegt, 1888 musste er die Hälfte seiner Fläche für den Neubau des Bahnhofes abtreten.
Das letzte Begräbnis kam allerdings mit sehr viel Verspätung, nämlich 1945: Mallersdorfer Ordensschwester Veturia, Zivilname Truarig, gestorben 1945 im Krieg, wurde mit Erlaubnis des Rechtsrats ausnahmsweise dort beerdigt, obwohl der Friedhof schon lange nicht mehr in Benutzung war.
24.6.1925 erfolgte der Verkauf des Friedhofs durch die katholische Pfarrkirchenstiftung St. Ulrich an die Stadt Regensburg gegen Ratenzahlung, der Erlös diente für den Bau der Antoniuskirche.
Die Stadt wollte dann dort ein Hallenbad bauen, der Plan wurde nicht vollendet.
Die Friedhofsmauer wurde abgebrochen und 1932 wurde der Friedhof endgültig aufgelassen und in eine Grünanlage umstaltet.
Bedeutendere Grabmäler wurden in die Minoritenkirche gebracht.
Einige Grabmäler aus dem 19. Jahrhundert sind auf dem Gelände noch erhalten.
Jetzt zur Geschichte des Peterskircherl (Kreuz-Kirche)
Das Peterskircherl wurde 1806 erbaut. Sie ist die Friedhofskirche dieses katholischen Friedhofs. Die Denkmalpflege beschreibt heute die Kirche so:
"eingezogener niedriger Chor mit abgeschrägten Ecken, Flachdecke, Langhaus zu 3 Achsen flach gedeckt, Wandgliederung durch ionische Pflaster, Westempore mit stukkierter Brüstung aus toscanischen Säulen, Fenster rundbogig, Portal mit geradem Sturz. Der Turm und die Sakristei im Untergeschoß springt westlich aus. Er hat 3 Geschoße. Im Obergeschoß abgeschrägte Ecken. Rundbogige Schallöffnungen. Spiegelhalm. Einrichtung neu."Die Kirche ist einfach gestaltet, der Hauptaltar ein freistehender Kreuzaltar. Daher die Bezeichnung in späterer Zeit: Kreuz-Kirchlein.
Der Boden bestand aus einfachen Ziegelsteinen, die vierflächige Bestuhlung ist bescheiden.
In den Außenwänden sind zahlreiche Grabplatten eingemauert. Die Tafeln stammen von aufgelösten Grabstätten. An der Südseite des Turms gib es einen kleinen barocken Vorbau.
Der Dompfarrer (und späterer Bischof) Wittmann drängte von Anfang an auf eine Friedhofskirche, mit Erfolg - der Baubeginn war 1804, die Einweihung erfolgte 1806.
Ab 1925 war die Stadt Regensburg Eigentümerin, die weitere Benutzung wurde nicht vertraglich geregelt (lediglich die Verpflichtung, ein bestimmtes Grabdenkmal zu transferieren, ein Optionsrecht zugunsten des bischöfl. Ordinariats)
In der Folgezeit gingen Gerüchte um, die Stadt wolle das Peterskirchlein wegen Baufälligkeit abbrechen. 1933 mietete die Kirchenstiftung St. Ulrich die Kirche, auf Betreiben des Stadtpaffers Johann Hildebrand, der sich um eine würdige Gestaltung desr Kirche bis 1937 kümmerte.
1933 Anbau der Sakristei an die Südostecke; 1934 ein neuer Altar im Türraum
50er Jahre: Es gibt Pläne, die Kirche einem Omnisbusbahnhof zu opfern (hahaha - Albertstraße, heutige Buszentrale, irgendwie witzig). Stadträte Zitzler und Eininger und andere gehen erfolgreich auf die Barrikaden.
1962, Kirche wurde innen neu getüncht und Altäre saniert (816.000 DM),
1967 Sanierung für 41.500 innen und außen, Dachstuhl wurde fast komplett erneuert.
Die Benutzung:
Nach dem Krieg: die Amerikaner benutzten das Peterskirchlein für die sonntäglichen Gottesdienste durch die Militärpfarrer. Gottesdienst jeweils 10.30 Uhr.
1963 bis 1969 hielt die ungarische Gemeinde alle zwei Wochen ihren Sonntagsgottesdienst. "Jetzt kommt sie nur mehr ganz selten" heißt es im Regensburger Almanach auf Seite 96. Und das war die Ausgabe 1971. Und somit endet auch die Chronologie dieses Aufsatzes von Joseph Dollhofer imJahre 1971.
Gemäß Wikipedia ist die Kirche heute eine bulgarisch-orthodoxe Kirche
Meine Mutter kann sich noch daran erinnern, die Kirche seitJahrzehnten immer wieder mal besichtigt zu haben; sie war also wohl öffentlich zugänglich. Das letzte mal allerdings war sie verschlossen und ein Passant sagte ihr, das sei deswegen erfolgt, weil die Kirche zu oft von Obdachlosen benutzt wurde.
Quellen:
- Almanach 1971, Joseph Dolhofer, Eine Oase des Stillen Gebets und der inneren Ruhe
- Karl Bauer, "Regensburg";1. Auflage, S. 734
- https://de.wikipedia.org/wiki/Peterskirchlein_%28Regensburg%29
Fotos
Die Kirche aus einer Entfernung zu fotografieren, so dass man sie vollständig sieht, gelingt nur im Herbst wenn die Bäume ohne Laub sind und den Blick freigeben. So dauerte es ein paar Jahre, bis ich endlich eine Gelegenheit fand, die Kirche zu dokumentieren. Schließlich habe ich nicht immer die Kamera dabei, wenn ich dort mal unterwegs bin. An einem Dezembertag im Jahre 2016 fuhr ich gerade an der Kirche vorbei und bemerkte, dass noch ein paar Sonnenstrahlen da sind und die Kirche gut sichtbar ist. Schnell einen Parkplatz gesucht, Kamera rausgeholt und zur Kirche gelaufen - leider war die Sonne dann schon weg.
Weitere Bilder findet man auf:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:St.Peter_in_Regensburg?uselang=de