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Sonntag, 20. Februar 2011

Der Regensburger Kalvarienberg (Teil 2)

Fortsetzung von "Der Regensburger Kalvarienberg (Teil 1)"

Der "Calvarienberg" war ein beliebter Aussichtspunkt für Regensburg-Panoramen und der Blick von hier taucht auf vielen alten Stichen, Zeichnungen und Drucken auf. Ein schönes Beispiel ist der Stich "Regensburg vom Calvarienberg" aus dem Jahre 1870 (Stich: Johann Gabriel Friedrich Poppel nach einer Zeichnung von  Eduard Gerhardt ).




Rechts im Bild können Sie die obersten Kreuzweg-Stationen und das obere Ende des Kreuzwegs. Mittlerweile ist an dieser Stelle kein Panorama mehr möglich, da der Hügel an dieser Stelle mit hohen Bäumen bewachsen sind, die allenfalls im Winter ein wenig zum Dom blicken lassen, wie nachstehende Fotos zeigen:








Blick nach Osten, vom oberen Ende des Kreuzwegs aus. Auch hier Bäume, die den Ausblick verdecken.



Rechts vom Kreuzweg, also westlich und gleich vor der Kriche, ist dagegen freier Ausblick auf Regensburg. Hier Fotos aus Sommer und Winter von dieser Stelle:









Parallel zum Kreuzweg, etwas westlich davon, geht ein zweiter Fußweg von Steinweg nach oben. Von hier aus habe ich das Foto von der Kirche geschossen. Rechts von der Wiese befindet sich der Kreuzweg.Er endet etwa dort, wo man das kleine Kupferdach sehen kann.



Die Dreifaltigkeitskirche von Stadtamhof aus gesehen. Auch ohne Teleobjektiv wirkt der Hügel wie zum Greifen nahe.



Der Dreifaltigkeitsberg oder Kalvarienberg geht fast fließend in die Hügelkette über, die Winzerer Höhen genannt wird. Es gibt allerdings einen Durchstich, durch die eine Straße nach Norden führt: der "Schelmengraben".



Ältere Bilder  sind von verschiedenen Stellen der Hügelkette aus  gesehen und enthalten manchmal die Angabe "Dreifaltigkeitsberg,  obwohl sie schon wesentlich weiter westlich verortet sind. Hier eine Postkarte aus dem Jahre 1873, "Panorama vom Dreifaltigkeitsberg".



Der nachfolgende Druck fasziniert mich besonders und hat mich schon einige Zeit für  Recherchen gekostet. Er stammt von Frans Hogenberg und ist enthalten in der von Braun und Hogenberg herausgegebenen Städteansichtenbuch "Civitates Orbis Terrarum" (vgl: Wikipedia über Hogenberg)



Das Buch enthält viele ähnliche Vogesperspektiv-Ansichten von Städten aus aller Welt und eben auch diese Ansicht von Regensburg.

Ausschnitt aus Wikipedia zum Buch:

Das Druckwerk Civitates Orbis Terrarum umfasst über 600 wirklichkeitsnahe Stadtansichten und Stadtpläne mit einem Gesamtumfang von ca. 1.600 Seiten im Format 280×410 mm. Sie wurden in sechs Bänden zwischen 1572 und 1618 herausgegeben und zeigten alle größeren Städte in Europa, Afrika, Asien und sogar in Amerika. Als Verleger fungierte Georg Braun, ein Theologe, der von 1541 bis 1622 lebte. Frans Hogenberg war der Graveur für die ersten 4 Bände. Er schuf schon zuvor verschiedene Landkarten für Abraham Ortelius. Der 5. und 6. Band wurden von Simon van den Neuwel (auch: Novellanus) erstellt.

Für unser Wissen über mittelalterliche Stadtstrukturen – vor den immensen Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges und barocker Umbauten – sind diese Stiche von Hogenberg einzigartig. Zur Detailfülle von Stadt und Landschaft tritt die reich ausgestattete Staffage – Fuhrwerke, Schiffe, zeitgenössische Trachten sowie jeweils zahlreiche Genreszenen. Dekorative Wappen und Einzelaufrisse kommen hinzu.

Es gibt mittlerweile viele Digitalisate im Internet, oft mit der Möglichkeit, in das Bild zu zoomen und sich die interessanten Details anzusehen.

Für mich interessant ist, von welcher Stelle aus der Betrachter auf Regensburg sieht. Offenbar ist es diejenige Stelle, an der früher eine Straße von Norden über die Hügel in das Tal von Regensburg ging. Eine Nachvermessung sowohl auf der Stadtkarte (z.B. googleMaps) als auch ein kontrollierender Spaziergang auf dem Kalvarienberg zeigen mir, dass es etwa die Stelle sein muss, an der der Schelmengrabenweg runter nach Steinweg führt. Denn nur hier ergibt sich die perspektivische Übereinstimmung. So deutet auf dem Bild die obere Spitze des südlichen Brückturmes (Steinerne Brücke) auf die Mitte des Domgebäudes; ein wichtiger Orientierungspunkt für die Recherche. Hier ein Foto, das ich vor ein paar Tagen am Österreicherweg geschossen habe, zwischen die letzten beiden Häuser hindurch.





Aber was ist das für ein steinernes Bauwerk links. Gab es das wirklich? Wenn ja, stand es wirklich an derselben Stelle oder hat es der Zeichner vielleicht hierher versetzt, damit es sich harmonisch in's Bild fügt? Bei Spaziergängen konnte ich das Gebilde nicht finden.

Bei meinen Recherchen habe ich sogar die alten Stiche nach Bildern untersucht, wo die Winzerer Höhen von Süden aus zu sehen sind. Denn die meisten Stadtansichten sind entweder von den nördlichen Hügeln oder von den südlichen Hügeln aus betrachtet. Die einzig brauchbare Darstellung mit ausreichenden Details fand ich in dem bekannten Druck "Beleagerung der Stadt Regensburg im Jahre 1634", ein Kupferstich von Matthaeus Merian der Ältere aus dem Werk "Teatrum Europaeum Band 3, erschienen 1639).



Dort sieht man diverse Bauten auf der Hügelspitze, aber keine ausreichenden Details.



Weitere historische Bilder vom Kalvarienberg oder den Winzerer Höhen aus



Auf alten Gesellenbriefen findet man oft Stadtansichten vom Calvarienberg, und zwar als vorgedruckter Zeugniskopf. Nachfolgende Zeugnisse stammen aus den Jahren 1700 bis 1750:

 





Hier ein Holzdruck von Peter Opel aus dem Jahre 1580, gefunden auf zeno.org:



(für höhere Auflösung: siehe http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/HL50822a.jpg)

Hier ein Druck von Franz Kirchmaier, "Blick auf Regensburg" Holzschnitt 1589, Original im British Museum, London, Digitalisat gefunden auf zeno.org  http://www.zeno.org/nid/20004106938





Nachfolgender Druck stammt von Matthäus Merian, Topographia Bavariae (Bayern), Kapitel "Regenspurg", ca 1644. Er enthält sowohl oben als auch unten eine Ansicht von Norden, also den Winzerer Höhen. Die obere Ansicht dürfte von etwas weiter westlich als die untere stammen.

Topographia Bavariae (Merian) b 23

Quelle: wikicommons