Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 10. November 2012

Historisches: Westnerwacht, Prebrunn und Schwedenkugel

Im Nachtrag zu dem Artikel über die Fotoausstellung im Lokanta, das früher "Schwedenkugel" hieß, habe ich in meinem historischen Archiv gekramt und ein paar Grafiken hervor geholt. Ich will sowieso einen Artikel über Prebrunn und über andere historische Themen schreiben, da fange ich doch gleich mal hier an.

Stadtansichten von Regensburg gibt es ab dem 16. Jahrhundert.

1. Ansicht der zerschossenen Stadt Regensburg - von Rentz, Georg Sigmund

Interessant im Zusammenhang mit der Schwedenkugel ist die Serie von Grafiken mit dem Titel. Diese Bilder zeigen die Stadt Regensburg nach dem Beschuss durch die Schweden im dreißigjährigen Krieg und datieren auf das Jahr 1640.

Sie sind sehr detailliert. Davor wurde die Stadt üblicherweise von Norden aus, also den Winzerer Höhen aus skizziert. Hier wird sie erstmals von Süden aus betrachtet. Die Zickzack-Mauern um die eigentliche Stadtmauer herum dienten der Abwehr von Feinden; man spricht von "Fortifikationen".

Hier ist das erste von sieben Bildern, die nebeneinandergelegt ein Gesamtpanorama ergeben: Vom Prebrunntor bis Jakobstor.








Für den Fall, dass die Schwedenkugel (Haaggasse/Wollwirkergasse) nicht mehr auf dem ersten Blatt, sondern dem zweiten Blatt daneben zu lokalisieren wäre, habe ich auch dieses Blatt abgedruckt:




2. Belagerung der Stadt Regensburg 1634

Neben dieser Bilderserie aus 1640 gibt es noch einen Stich "Belagerung der freien Statt Regensburg im Jahre 1634", das etwa 1640 entstanden ist und in verschiedenen Versionen im Internet kursiert. Alle sind im Detail etwas unscharf. In der Regel wurde das Bild aus Büchern heraus gescant.



















3. Weitere Pläne aus der Zeit von 1634

Aus der Zeit der Einnahme von Regensburg im dreißigjährigen Krieg gibt es weitere Stiche oder Flugblätter, in denen Regensburg gezeigt wird.

Vogelschauplan der Übergabe von Regensburg, 1634:


 Ein Flugblatt:


Noch ein Flugblatt




4. Regensburg und die Pest

Wesentlich weniger bekannt ist ein Bild von Regensburg aus einem Buch über die Pest, das einen ähnlichen Blick gibt wie das von der Belagerung

 


5.  Abriß der Stadt Regensburg 1640

Dann gibt es noch den berühmten Abriss der Stadt Regensburg von 1640, eine Serie von Zeichnungen, die nebeneinander gelegt den Verlauf des südlichen Donauufers von der Ostenbastei (heute könglichl. Villa, Ostentor) bis nach Prüfening zeigen.

Das sind die zwei Blätter, die in etwa die Höhe der Schwedenkugel zeigen könnten. Für eine genauere Lokalisierung müsste man google-Earth zu Hilfe nehmen und etwas mehr Zeit benötigen, als ich sie im Moment habe.

In Frage kommende Tafel:


Das Bild links daneben könnte auch einschlägig sein, wenn, dann am ganz rechten Rand

Zum Vergrößern Bild anklicken


Detail aus dem ersten Bild


Weiteres Detail



Für Forscher: hier sind ein paar Referenzpunkte.

Das Problem bei den Abrissbildern ist, dass niemand weiß, wie die Perspektive gehandhabt wurde. Es sieht aber fast so aus, als ob die Bilder (erkennbar an den Hintergrundlandschaften) fiktiv aus einer einheitlich entfernten Position, z. B. den Winzerer Höhen aus, betrachtet wurden. Etwas anderes ergibt sich, wenn der Zeichner wirklich von einem Abschnitt zum anderen gewandert ist und jeweils aus der dortigen Perspektive gezeichnet hat.












7. Ratisbona 1515 von Braun/Hogenberg

Dann gibt es noch den berühmten Stich von Braun/Hogenberg aus dem 16. Jahrhundert, das Regensburg von den Winzerer Höhen aus zeigt, und zwar vor dem dreißig jährigen Krieg, nämlich im Jahre 1515. Erstellt wurde der Druck etwas später, etwa 1576


Standpunkt des Berachters ist meinen Messungen nach der Ort, wo der Schelmengraben hinunter zur Stadt führt.


Hier sind Vergrößerungen bzw. Ausschnitte aus dem Westteil der Stadt. Den Ort der Schwedenkugel konnte ich auf die Schnelle nicht lokalisieren.








8. Merians Stich von Regensburg (Ratisbona) in der Topographia Bavariae

Schließlich gibt es noch als Klassiker den Stich von Merian über Ratisbona, enthalten in der Topographia Bavariae, das wiederum ein Teil der Topographia Germaniae ist. Dieses Werk war eine Sensation und ein Meilenstein in der Literatur. Sie können Einträge in Wikipedia finden oder das komplett gescannte Buch in google-books suchen. Natürlich gehen auch andere Quellen wie archive.org oder zeno.org.

Zeitpunkt der Vorzeichnung: ca 1640. Der erste Druck erfolgte meines Wissens 1644.



Das obige Bild fand ich nach längerer Suche in einer so hohen Auflösung (natürlich wieder mal im Ausland, die deutschen Bibliotheken sind immer ein bisschen knickerig), dass ich kleinste Details her-zoomen kann.






 Die Quelle für dieses Bild weiß ich nicht mehr, Sie müssen selbst suchen. Inzwischen dürfte der Stich noch viel öfters auftauchen, als vor zwei Jahren, als ich die ersten Versionen der Grafik speicherte.


Nachtrag: 

Ich vergaß, dass es noch detailliertere Darstellung dieses Bildes auf eine Webseite des tschechischen Museums gibt, das den Stich im Rahmen der so genannten Moll-Sammlung bereit hält. Siehe auch:

http://www.regensburger-tagebuch.de/2012/02/linktipp-historische-sammlung-von.html

Link zum Bild (zoombar):
http://mapy.mzk.cz/en/mzk03/001/055/288/2619321234_01/

Hier lassen sich noch viel mehr Details heran-zoomen, denn das Bild ist in extrem feiner Auflösung zur Verfügung gestellt worden. Allerdings kann man das Bild nicht komplett herunterladen, sondern muss innerhalb der Webseite navigieren.




 
Das komplette Buch, für das dieser Stich erstellt wurde, heißt:

Topographia Bavariae das ist Beschreib: und Aigentliche Abbildung der Vornembsten Stätt und Orth, in Ober und NiederBeyern, Der ObernPfaltz, Und andern, Zum Hochlöblichen Bayrischen Craiße gehörigen, Landschafften
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/5a/Topographia_Bavariae_%28Merian%29_001.jpg/395px-Topographia_Bavariae_%28Merian%29_001.jpg
   
Eine der vielen im Internet eingescanten Versionen können Sie hier als kostenloses PDF-ebook herunterladen:

 
Wer das Altdeutsch nicht kann: auf Wikisource wird noch versucht, eine reine Textversion zu erarbeiten, die aber offenbar noch nicht vollständig ist: 


Möglicherweise gibt es aber bei  zeno.org oder openbook bereits vollständige Versionen. Über Feedback freue ich mich, bitte mailen Sie mir. Auch wenn Sie selbst einen Blogartikel schreiben: ich verlinke gerne.


Die Topographia Germaniae (wovon die Topographia Bavirae ein Teil ist) ist eines der Hauptwerke des Kupferstechers und Verlegers Matthäus Merian des Älteren. Er schuf die Topographia gemeinsam mit Martin Zeiller (1589−1661), der für die Texte verantwortlich war.

Das Werk zeigt sehr detailliert mehr als 2.000 Ansichten von  Städten, Klöstern und Burgen; es gilt bis heute als eines der bedeutendsten Werke der geografischen Illustration. Die Zeichnungen stammen größtenteils von Merian dem Älteren.



9. Stich von Bernard Werner, Ratisbona Vers Danubium, ca 1740

Stich von Bernard Werner, Ratisbona Vers Danubium = Regenspurg von der Wasser Seiten

In der Moll-Sammlung (siehe o.g. tschechische Museumsseite) befindet sich auch ein Stich von Regensburg mit dem Titel "Regensburg von der Wasser Seiten" (damals noch Regenspurg geschrieben), verlegt um 1740, Autor Werner, Bernard, 1690-1778.

Link: http://mapy.mzk.cz/en/mzk03/001/055/182/2619321159_02/

Hier ein Detail mit der Gegend im Westen der Stadt. Die Stelle mit der Schwedenkugel konnte ich auf die Schnelle nicht identifizieren. Aber ich möchte dem Leser ein bisschen Rätselfreude lassen.


Nur der Vollständigkeit halber ein Detail aus einer ähnlicher Darstellung von Gabriel Bodenehr, ca 1720 entstanden, Titel "Regenspurg". Der Stich zeigt nur wenige Häuser in 3D, meistens sind nur die Flurpläne eingezeichnet. Interessant ist das Bild eigentlich eher in einem anderen Zusammenhang: es zeigt den kompletten Verlauf des Vitusbachs durch Regensburg. Dazu werde ich einen eigenen Artikel erstellen.




Link: http://mapy.mzk.cz/en/mzk03/001/055/178/2619321162_03/




Recherche-Tipp

Sollte ich Euer Interesse an historischen Forschungen geweckt haben: das Internet macht es mittlerweile für jedermann möglich, die aufregendsten Nachforschungen anzustellen.

Wie man am besten nach historischen Bildern und Büchern sucht, habe ich auch in diesem Beitrag auf sd42.de beschrieben (im zweiten Teil des Artikels über den Reigen).



Für reine Landkarten und Atlasse gibt es noch die optimale Quelle "davidrumsey.com".

Für alte Fotos von der Stadt bietet es sich an, auf direkt auf Ansichtskarten-Portalen zu suchen. Es gibt erstaunlich viele Ansichtskarten von Regensburg. Blogger, die die Bilder für ihre Artikel wiederverwenden wollen,  müssen hier ein bisschen aufpassen, dass sie das Urheberrecht nicht verletzen; die Ansichtskarten befinden sich oft in einer Grauzone.

Wer speziell nach Regensburg sucht, sollte als Suchbegriffe auch eingeben:

  • ratisbon (amerikanische Schreibweise von Regensburg)
  • ratisbonne (französische Schreibweise von Regensburg)
  • ratisbona (lateinisch)
  • regenspurg (mit p)