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Dienstag, 9. April 2013

Achtung, Cineasten: Bunuel-Filme im Rahmen der CineSCultura!

Das ist für Liebhaber der Filmgeschichte oder Filmkunst ein Highlight - der Themenschwerpunkt im Rahmen des spanischen Kulturfestivals Cinescultura. Und wer sich ganz allgemein über die Anfänge und Hintergründe des Surrealismus informieren will, kann hier ansetzen, sich zu informieren.

Die folgenden Veranstaltungen finden in den Räumen des Kunstverein GRAZ statt:

Ausstellungseröffnung am 12. April

Ausstellung: Buñuel vor Buñuel - 3 D im Goldenen Zeitalter
Ausstellung im Rahmen des Spanischen Film- und Kulturfestivals cinEScultura
Gastkurator: Javier Espada
Ausstellungseröffnung: 12. April 2013, 20 Uhr
                       
Filme am 12. April, 20 Uhr:

1. Ein andalusischer Hund / Un perro andaluz (!!!)
F 1929, 17 min, OmeU, Regie: Luís Buñuel, Salvador Dalí




Der Film, ein Gemeinschaftswerk von Bunuel und Dali aus dem Jahre 1929,  wurde zum Meisterwerk des Surrealismus und ist legendär.



Wer noch nicht davon gehört hat, findet einen Überblick im Wikipedia-Artikel über diesen Film: http://de.wikipedia.org/wiki/Ein_andalusischer_Hund.

Er erfüllte die Grundsätze, wie sie André Breton im Manifest des Surrealismus (Paris 1924) einige Jahre vorher formuliert hatte.

Buñuel und Dalí wurden schlagartig berühmt und in die Pariser Surrealistengruppe aufgenommen.




Luis Buñuel und Salvador Dalí kannten sich bereits seit ihrer Studienzeit Mitte der 1920er. 1928 trafen sie sich erneut in Figueres (Spanien), der Heimatstadt von Dalí. Bei dieser Gelegenheit erzählten sie sich gegenseitig zwei ihrer Träume: Buñuels Traum soll eine langgezogene Wolke enthalten haben, die den Mond durchschnitt, „wie eine Rasierklinge ein Auge“ zerschneidet, und Dalís Traum eine Hand, die voller Ameisen war.


Sie beschlossen, ihre Ideen filmisch umzusetzen, und schrieben innerhalb einer Woche mit der Technik des „automatischen Schreibens“ ein Drehbuch: Nichts an dem Film sollte rational, logisch, psychologisch oder kulturell erklärbar sein. Auch der Titel wurde ohne Bezug zum Film gewählt. Beide Träume finden in dem fertigen Film Verwendung.

Der Film beginnt mit dem Untertitel “Es war einmal”: Ein Mann schärft ein Rasiermesser, lehnt sich aus dem Fenster und beobachtet, wie eine Wolke den Mond teilt, genau so wie er das Auge einer Frau zerschneidet. Ein Fahrradunfall, eine Männerhand voller Ameisen, eine haarige Achselhöhle, ein Seeigel... Die Einstellungen erscheinen wie Traumbilder, eine Aneinanderreihung von Visionen und Wahnvorstellungen. Hier soll kein Sinn entstehen, sondern es geht um die Befreiung vom gewohnten filmischen Erzählen.

Bedeutung des Films 

Dieses Meisterwerk von Buñuel und Dalí (Letzterer arbeitete am Drehbuch mit) gilt als der bedeutendste surrealistische Beitrag zur Filmgeschichte.

Er inspirierte u.a. Hitchcock (Spellbound) und Jonathan Demme (Das Schweigen der Lämmer).

Insbesondere die Eröffnungsszene, in der  mit einem Rasiermesser ein Auge zerschnitten wird, erlangte Weltruhm. Diese Szene ruft Urängste bei allen Menschen wach, völlig unabhängig von ihrem kulturellen Kontext. Für den Dreh wurde ein Kuhauge benutzt, welches stark überbelichtet wurde, so dass das Kuhfell wie die weiche Haut des Mädchens erschien.

Aus Angst vor den wütenden Reaktionen des Publikums hatte Buñuel, wie er selbst später berichtete, bei der Pariser Premiere des Films seine Taschen vorsorglich mit Steinen gefüllt. Das Premierenpublikum reagierte jedoch überraschend wohlwollend



Surrealismus und "Automatisches Schreiben"

Noch etwas zum "Automatischen Schreiben", denn das ist wichtig für das Verständnis von Surrealismus, gleichgültig ob in der Literatur, oder im Film oder in der Kunst. Dazu zitiere ich als Einstieg den entsprechenden Wikipedia-Artikel und regen den Leser an, hier weiter zu recherchieren:

Der französische Ausdruck Écriture automatique (dt.: Automatisches Schreiben, Automatischer Text) bezeichnet eine Methode des Schreibens, bei der Bilder, Gefühle und Ausdrücke (möglichst) unzensiert und ohne Eingreifen des kritischen Ich wiedergegeben werden sollen. Unter Verzicht auf Absichtlichkeit und Sinnkontrolle dürfen sowohl Sätze, Satzstücke, Wortketten, als auch einzelne Wörter geschrieben werden. Was ansonsten in Hinsicht auf Orthografie, Grammatik oder Interpunktion als fehlerhaft gilt, kann unter diesen Bedingungen erwünscht und zielführend sein. Wichtig ist allein die Authentizität des Einfalls.

Die Surrealisten propagierten diese schriftstellerische Form der Freien Assoziation als eine neue Form der Poesie und der Experimentellen Literatur.


Die Ursprünge der Écriture automatique gehen auf die Psychologie zurück. Der Begriff wurde um 1889 vom französischen Psychotherapeuten Pierre Janet im Rahmen therapeutischer Versuche geprägt, wobei der Patient im Halbschlaf, in Trance oder unter Hypnose zum Schreiben angehalten wurde, um das Unbewusste ins Bewusstsein zu holen. Janet führte dieses Schreibverfahren als psychologische Behandlungsmethode ein. Durch den unbewusst gesteuerten Schreibfluss erhält der Patient neue Ideen bzw. neue Kombinationen von Ideen oder Assoziationen, und so können unbewusste Eindrücke und Erlebnisse verarbeitet werden. Die Methode wird auch verwendet, um den Schreibstart zu erleichtern oder um Schreibblockaden abzubauen.


Automatisches Schreiben und Surrealismus:

In der Literatur wurde die Methode der Écriture automatique von der Gruppe der Surrealisten um André Breton im Paris der 1920er Jahre adaptiert. Das automatisch Niedergeschriebene, welches sich einem planvollen Aufbau ebenso widersetzt wie einer nachträglich zensierenden Korrektur, diente hier nicht zur Heilung von Krankheiten, zur Erstellung von Psychogrammen oder zur Überwindung von Persönlichkeitsspaltungen, sondern postulierte die unbewussten, traumhaften und spontanen Elemente menschlicher Eingebung als Grundlage für eine neue Art der Kreativität.


Dass das Malen von surrealistischen Bildern sich eigentlich nicht mehr so einfach mit dem Gedanken des unbewussten Fließenlassens verträgt, ist klar und altbekannt. Insgesamt ist dieser historische Hintergrund zur Entwicklung des Surrealismus ein äußerst faszinierender Aspekt.



Zur Begleitung des Stummfilms legte Buñuel auf einem Grammophon, das sich hinter der Leinwand befand, abwechselnd Musik Richard Wagners (Tristan und Isolde) und argentinische Tangos auf. Bei einer Neuaufführung 1960 wurde die gleiche Musik auf einer Tonspur hinzugefügt. Es scheint aber auch eine Filmkopie zu existieren, auf der zusätzlich noch Ludwig van Beethoven zu hören ist.






 


2. Film:

Buñuel und die Laterna magica / Buñuel y la linterna mágica
(Der Regisseur / Kurator der Ausstellung ist anwesend)
E 2011, 6 min, OmeU, Regie: Javier Espada

Der Zeichentrickfilm “Buñuel y la linterna mágica“ von Javier Espada und dem Graphiker José Luis Cano erweckt den jungen Luis Buñuel im Stil eines alten Stummfilms zum Leben. Wir schauen dem kleinen Luis dabei zu, wie er als Kind in der Scheune seines Elternhauses in Calanda eine Vorführung mit einem alten Projektionsgerät veranstaltet. Mit einer detaillierten „Anatomie-Lektion“, die den späteren Surrealismus des genialen aragonesischen Regisseurs vorwegnimmt, versucht Buñuel, seine Klassenkameraden hinters Licht zu führen.



Ein weiterer Film am 13. April




13. April 2013, 20 Uhr (Eintrittspreis: 6 und 5 €):
Dieser Film wurde im Jahre 2008  anlässlich des 25. Todestages von Luis Buñuel gedreht:

Das letzte Drehbuch – Erinnerungen an Luis Buñuel /
El último guión. Buñuel en la memoria (Der Regisseur ist anwesend)
E 2008, 90 min, OmeU, Regie: Javier Espada/ Gaizka Urresti

Anlässlich des 25. Todestages von Luis Buñuel, beschlossen Javier Espada und Gaizka Urresti, einen Dokumentarfilm über das Leben und Werk eines der wichtigsten Cineasten der Filmgeschichte zu drehen. Dafür trafen sie sich mit dem ältesten Sohn Buñuels und mit Jean-Claude Carrière, dem bekannten Drehbuchautor und Schauspieler, der mit Buñuel befreundet war. Der Film lässt alle Schlüsselszenen seines Lebens Revue passieren.