Warum das 19. Jahrhundert für Regensburg so interessant ist? Weil sich von der Stadtentwicklung wahnsinnig viel getan hat.
Erst ab Ende des 19. Jahrhunderts, vor allem durch den Einfluss des Bahnhofs, entwickelten sich außerhalb der Mauern diverse Neubauquartiere, die später mit dem Stadtkern zusammen wuchsen. Es fand also nicht das übliche Wachstum - vom Kern weg nach außen - statt. Die Stadt blieb jahrhundertelang innerhalb der Stadtmauern eingepfercht. Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts erst explodierte die Stadt
Alleengürtel
Außerhalb der landseitigen mittelalterlichen Stadtmauer ließ Fürst Carl Anselm von Thurn und Taxis 1779 eine Allee anlegen, die Dalberg ab 1805 erweitern undmit Denkmälern für Regensburger Persönlichkeiten ausstatten ließ.
Ausschnitt aus Radefeld, Meyers Handatlas, 1853. Hier sieht man schön den Alleengürtel. Man sieht auch, dass das gesamte Wachstum der Stadt bis dahin fast nur innerhalb der Stadtmauern statt fand. Der Bahnhof war noch nicht das, die Maxstraße führte zwar durch die Mauer hindurch (der Durchgang entstand erst nach dem Bombardement durch Napoleon 1809) aber nur in das Grüne, zum Kepler-Denkmal. Später wurde das Denkmal nach links versetzt, weil man die Maxstraße bis hin zum Bahnhof verlängerte.
Den Alleengürtel kann man noch heute auf google-Earth sehen.
1809 jagte Napoeon die Österreicher durch die Stadt bis nach Stadtamhof und sorgte für große Verwüstungen. Er stürmte die Stadtmauer beim Peterstor und bei der Von-der-Thann-Straße (gegenüber dem Finanzamt). Die Verwüstungen durch das vorangehende Bombardement führten dazu, dass die Gegenden hinter der Stadtmauer völlig neu konzipiert und aufgebaut wurden.
Das bedeutet konkret: der Dachauplatz war unheilbar zerstört, und die Maximilianstraße ersetzte komplett das Gässchengewirr des ebenfalls zerstörten Viertels in der Altstadt.
Der Bahnhof
Die Einführung des Bahnhofs im 19. Jahrhundert sorgte ebenfalls für eine Veränderung der Stadtarchitektur. Die Maxstraße wurde zum neuen Bahnhof hin verlängert, dazu musste ein Denkmal versetzt werden und das Tor am Ende der Maxstraße wurde völlig entfernt.
Der Dom in der Romantik
Ende des 19. Jahrhunderts erhielt der Regensburger Dom seine heutigen Domspitzen. Davor waren die Türme jahrhundertelang stumpf.
Der Dom, nach 1273 begonnen, bis um1500 weitgehend fertiggestellt. Im 19. Jh. Purifizierung des Inneren sowie Ausbau der Türme und des Querhausgiebels.
Der Vitusbach
Der Stadtbach hat seinen Ursprung auf dem Gelände des einstigen Klosters Prüll. Der auffallende Verlauf einiger Gassen und Straßen in der Altstadt steht mit dem Vitusbach imZusammenhang, viele Haus- und Straßennamen weisen auf ihn hin. Sein Lauf wurde mehrfach verändert, Kanalisierung im 19. Jh. Ich hatte mir vor ein paar Jahren die Mühe gemacht, den Vitusbach zu erforschen und seinen Verlauf zu dokumentieren. Hier sind ein paar Fotos vom Vitusbach, soweit er noch oberirdisch läuft, quer durch die Kleingartenanlage Kumpfmühl, dann durch Privatanwesen bis hin zu einem versteckten Weiher bei der Kirche, wo er dann unterirdisch Richtung Altstadt weiterläuft.
Stadtpark und Kunstforum Ostdeutsche Galerie
Im Vordergrund steht hier das Gebäude als solches. Das 1871 als Turnhalle entstandene Gebäude wurde anlässlich der Oberpfälzer Kreisausstellung 1910 zur Kunsthalle umgebaut und in das Ausstellungsareal eingebunden. Die gleichzeitig im Stadtpark erstellte Stadthalle - ja, wir hatten so was schon mal - musste nach dem Krieg abgerissen werden und ist nur noch auf alten Ansichtskarten zu sehen.
Das heutige Museumsgebäude ist neben einem Pavillon im Stadtpark das einzige Gebäude, das von den Bauten der Kreisausstellung nach einem Luftangriff im Jahr 1943 erhalten blieb.
Kunstforum Ostdeutsche Galerie anlässlich der Regensburger blauen Nacht, 2010 |
Die letzten Sonnenstrahlen erfassen das Dach des Gebäudes |
Das Architektur-Ensemble „Reichsstraße“
Östlich des alten Stadtgrabens entstand ab 1870 zwischen der Straubinger und der Landshuter Straße auf der Grundlage eines schachbrettartigen Grundrisses das erste zusammenhängendeWohnquartier außerhalb des mittelalterlichen Stadtkerns. Gründerzeitvillen mit parkähnlichen Vorgärten zeugen vom wachsenden Wohlstand des gehobenen Bürgertums. ÖffentlicheMonumentalbauten sowie die Pfarrkirche St. Cäcilia umrahmen das Viertel und werten es gleichzeitig auf.
Adolf-Schmetzer-Straße 1 – Königliche Villa
Als Regensburger Residenz König Maximilians II. 1854–56 auf der mittelalterlichen Ostenbastei erbaut. Zeitgleich angelegter Park, der ursprünglich Teil der reichsstädtischen Befestigungsanlage war.
Heute befindet sich in der Königlichen Villa die Dienststelle Regensburg des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.
Die königliche Villa ist auf der ehemaligen OSTENBASTEI aufgebaut worden, dem Nordost-Zipfel der Stadtmauer. Lesetipp: Rosa Micus, Die Königliche Villa in Regensburg, 3,50 Euro bei Pustet.
Evangelischer Zentralfriedhof (Friedenstraße 12)
Ein wunderschönes Gelände, das ich erst vor kurzem zufällig entdeckt habe. Vielleicht will ich doch nicht verbrannt werden, sondern dort begraben werden?
Angelegt 1897/ 98; Dörnberg-Mausoleum, 1911–15 von German Bestelmeyer.
Prüfeninger Straße – Stadtpark
Prüfeninger Straße, Mauer des ehem. Lazarusfriedhofes sowie zahlreiche Grabmäler und -steine Prüfeninger Straße 16, ehem. Friedhofshalle, Walmdachbau mit rundbogigen Vorbauten, 1831 Prüfeninger Straße 18, ehem. Friedhofskapelle des kath. Lazarusfriedhofes, neuromanisch,
1834, imAußenbereich zahlreiche Grabsteine, heute russisch-orthodoxe Kirche. Schillerstraße 29, Israelitischer Friedhof, seit 1822, Haus der Reinigung (Beth Tahara), 1871.
Lange Zeit habe ich, zusammen mit Bekannten, über die in alten Karten angegebene Lazaruskirche gerätselt. Mittlerweile weiß ich, dass dieser Friedhof im heutigen Stadtpark liegt und nur noch Reste davon vorhanden sind.
Das „Maxquartier“
Bei der Erstürmung Regensburgs durch die napoleonischen und bayerischen Truppen am 23. April 1809 wurde das Stadtviertel nahe des Peterstores weitgehend in Schutt und Asche gelegt. Der anschließendeWiederaufbau sollte sich Jahre hinziehen. Er schuf um die neuangelegte Hauptachse Maximilianstraße eine völlig andere Bau-Struktur.
Dieses Bild von Johann Bichtel zeigt die Stadtmauer beim Peterstor nach der Schlacht von Napoleon, 1809 |
Bismarckplatz 1 – Ehem. Französische Gesandtschaft
Das heute leerstehende "Polizeipräsidium". Dreiflügelanlagemit Säulenportikus; 1804/05 imAuftrag von Reichserzkanzler Carl von Dalberg nach Plänen seines Hofarchitekten Emanuel d’Herigoyen als Sitz des französischen Gesandten erbaut. Herausragendes Beispiel frühklassizistischer Architektur in Bayern. Aktuelles Sanierungsobjekt
Peterskircherl - D.-Martin-Luther-Straße 24
Reichserzkanzler Carl von Dalberg ließ 1804 den katholischen Petersfriedhof südlich des schon länger existierenden evangelischen Friedhofs außerhalb der Stadtmauer anlegen. Auf Betreiben des Dompfarrers und späteren Bischofs Wittmann wurde 1806 zunächst eine Hl.-Kreuz-Kapelle erbaut, die heute den Chor der 1821 vollendeten St.- Peters-Kirche bildet.
Goliathstraße 4 – Sog. Goliathhaus
Ehem. Patrizieranwesen mit frühgotischem Turm und reicher Fenstergliederung, 1.Hälfte 13. Jh., Monumentalfresko „David und Goliath“ ursprünglich von Melchior Bocksberger um 1570/ 80, einschneidende Umbauten 1897/98 und 1957/ 58.
Ostentor
Das Ostentor ist die am besten erhaltene Toranlage der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Dennoch lassen sich auch an ihm die Nutzungs- und Funktionsänderungen der Wehranlagen an der Wende vom 18. zum19. Jh. ablesen. Vom Turm aus ergibt sich ein imposanter und beeindruckender Überblick über den einstigen Verteidigungsring, der im 19. Jh. aufgebrochen und zum Grüngürtel umgestaltet wurde.