(Artikel überarbeitet im Juli 2016)
Foto:P. Burkes |
Man habe mysteriöse Brücken auf dem Schlachthofgelände entdeckt, die den Behörden rätselhaft sei, hieß es in den Pressemeldungen am 6.12.2013 (z.B. MZ http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/regensburg/artikel/am-schlachthof-lebten-getreidebauern/992225/am-schlachthof-lebten-getreidebauern.html#992225).
Ein Regensburger hat das Rätsel gelöst. Martin Kempter schrieb einen Aufsatz in facebook und hat mir den Text überlassen. Ich drucke ihn untenstehend ab.
Mysteriöse Brücken, im Hintergrund das Schlachthofgebäude (Foto: P. Burkes) |
Hier der facebook-Beitrag von Martin Kempter vom 6.12.2013, überarbeitet am 1.7.2016
Ausgrabung der ersten
Donauländbahn östlich der Babostraße im Jahr 2013
Habt Ihr heute das Rätsel
in der Zeitung
(http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/regensburg/artikel/am-schlachthof-lebten-getreidebauern/992225/am-schlachthof-lebten-getreidebauern.html#992225)
gesehen:
Die Archäologen haben an der Babostraße zwei "mysteriöse
Brücken" entdeckt, und die Denkmalschützer wissen nicht, woher
die stammen. Ich habe mir die Ausgrabung angeschaut, auch ein
bisschen gerätselt - und hier ist die Lösung: Es sind keine
Brücken, es ist ein Bahnübergang! Auf beiden Seiten vom ehemaligen
Gleis der Donauländbahn verlief (wie bei jedem Gleis) ein Graben.
Der auf der Flussseite liegt naturgemäß tiefer, das ist die große
"Brücke". Der andere ist nur ein kleiner Durchlass, nicht
mal einen halben Meter breit. Zwischen den beiden "Brücken"
lief das Gleis durch.
Über den Bahnübergang wurde
ein Wiesen-Grundstück des Kollegiatsstifts zur Alten Kapelle
erschlossen. Es wurde durch die Bahn geteilt, der östliche Teil war
zwischen Donau, Bahn und Pürkelgutgraben eingeschlossen. Der
west-ost-verlaufende (von der Bruderwöhrdstr. abzweigende) Weg ist
älter als die Bahn, er ist schon im Urkataster 1812 verzeichnet. Die
Bahn wurde am 1.10.1865 von der heutigen Landshuter Unterführung bis
zum Villapark eröffnet. Ohne diesen Übergang hätte der Erbauer,
die damals private "Bayerische Ostbahn", wohl kaum den für
die Bahn benötigten Grundstücksteil kaufen können. Die Befestigung
erscheint massiv im Verhältnis zur untergeordneten Bedeutung des
Wegs. Tatsächlich dient so eine Befestigung auch mehr der Sicherung
des Bahngrabens. Die Entwässerung des Bahnkörpers ist lebenswichtig
für die Bahn, denn wenn sie nicht funktioniert faulen die Schwellen
und es hebt sich bei Frost der Gleiskörper. Also wird da nicht
gespart, und wenn der kreuzende Weg auch noch so klein ist.
Um das herauszufinden,
habe ich die Ausgrabung von verschiedenen Stellen an der Straße aus
so fotografiert, dass jeweils ein markantes Objekt im Hintergrund in
einer Linie mit einer Ecke des Gemäuers lag. Den Aufnahmeort habe
ich mir gemerkt. Im Bayernatlas
(http://geoportal.bayern.de/bayernatlas/extended?lon=4508570.0&lat=5431165.0&zoom=13&base=952&info=Ausgrabung+Donaul%C3%A4ndbahn&)
habe ich die Verbindungslinien von Aufnahmeort zu Hintergrundobjekt
eingezeichnet, wo sie sich schneiden liegt die jeweilige Ecke (auf,
ich sag mal +/- 5 m genau). Den Plan der ersten Donauländbahn
benutzen die Regensburger Eisenbahnfreunde als Hintergrundbild ihrer
Homepage (http://www.rswe.de/). Aus dem habe ich die Bahnlinie
lagerichtig in meinen Plan übernommen, und siehe da: Das Gleis läuft
genau zwischen den beiden "Brücken" durch, und obendrein
liegen die Durchlässe genau parallel zum Gleis. Ich hatte vorher
nicht gewusst, dass dieses Ergebnis herauskommen würde. Als erstes
hatte ich nämlich vermutet, dass es eine Überführung des Gleises
über den ebenfalls in den Karten von 1812 und 1859 eingezeichneten
Donaualtarm wäre. Aber das hat mit den Richtungen vor Ort überhaupt
nicht gepasst, denn der über die Bauwerke führende Verkehrsweg
verlief eindeutig in Ost-West-Richtung.
Dass der vorgefundene
Bahnübergang rund 2 m tiefer liegt als das bis 2012 existierende
Gleis, dürfte seinen Grund in der 1889 beim Bau des Schlachthofs
vorgenommenen Geländeauffüllung haben, also einer frühen
Hochwasserfreilegung.
Im 1985 erschienen Buch von
Walther Zeitler "Regensburger Schiffahrt" werden 5
Bahnübergänge auf der Donauländbahn erwähnt. Neben der noch
gemeinsam mit der Hauptbahn gekreuzten Landshuter Straße dürften
dies sein: 1. der Weg nach Irl (heutige Greflingerstr.), 2. der Weg
nach Alt-St.-Niklas (heutige Reichsstr.), 3. die Straubingerstraße,
4. der 2013 ausgegrabene, von der heutigen Bruderwöhrdstraße
südlich abzweigende Weg, 5. der damalige Weg auf den Bruderwöhrd.
So lässt es sich jedenfalls in den damaligen Katasterplänen
abzählen, im Einklang mit den 2013 gemachten Funden.
Martin Kempter
01.07.2016/06.12.2013
Fotos von Martin Kempter: