Der Brasilianer Mauricio Mendes lebt seit Jahren in Regensburg. Bei uns ist er den meisten nur als Musiker und Sänger bekannt, aber das ist nur ein Mosaiksteinchen aus seiner Persönlichkeit.
Bei einem auf mehrere Wochen verteilten Interview im Februar 2015 entdeckte ich viel Überraschendes, Spannendes und Interessantes. Vielleicht hat der Leser Lust, mich auf dieser Reise zu begleiten.
Mauricio Mendes, ein Weltenwanderer. So könnte der Titel auch lauten. Seit er mit 13 seine elterliche Bananenplantage in Brasilien verließ, wanderte er durch viele Welten, sowohl geographisch, als auch beruflich.
Mauricio
Maurico - Freunde würden ihn so beschreiben: immer fröhlich, stets hilfsbereit, extrem tatkräftig und fleißig beim Arbeiten. Multitalent auf vielen Gebieten mit erstaunlichen autodidaktischen Fähigkeiten - außer bei Sprachen. Redet kaum über sich.
Während vieler Jahre in Regensburg hat er seiner damaligen Ehefrau geholfen, Kirchen zu restaurieren, die Auftritte als Musiker erfolgten nur nebenher. Früher war er unter anderem Theaterschauspieler am nationalen Theater in Lissabon, Klinikangestellter, Koch, Gastronom, Tellerwäscher, Handwerker und mehr.
Mauricio in seiner Doppelrolle als kultivierter und als unzivilisierter Indianer, Theater-Schauspiel-Ensemble-Mitglied im Teatro Nacional D. Maria II, Lissabon |
Und er war in ganz Südamerika und Mittelamerika, in Portugal, im afrikanischen Kap Verde und jetzt in Deutschland.
Die Reisen des Mauricio Mendes |
Er hat in allen handwerklichen Dingen ein erstaunliches KnowHow. "Das Wissen habe ich mir im Laufe des Lebens angeeignet. in Südamerika, in Portugal in Deutschland." Aber auch das sind nur Nebenkenntnisse. Sein Wunsch wäre, wieder im Bereich der Pflege zu arbeiten, oder überhaupt in einem Krankenhaus.
Vor zwei Jahren überraschte er den Freundeskreis, als er in einem Altenheim probeweise als Pfleger arbeitete. Das Haus attestierte ihm, dass er sehr liebevoll mit den Leuten umgehe, aber die Daueranstellung scheiterte an den noch zu mageren Deutschkenntnissen. Inzwischen hat er weitere Kurse belegt und versucht immer wieder, in diesem Bereich zu arbeiten.
Hat er das gelernt, fragte ich ihn. "Nein, so etwas wie eine Lehre gibt es außerhalb von Deutschland nicht. Aber als ich nach Portugal umsiedelte, arbeitete ich dort jahrelang in einer Klinik in Lissabon. Meine Frau übrigens auch".
Er meint dabei seine frühere Ehefrau aus Brasilien. Mit ihr und zwei Kindern lebte er zuerst in Brasilien, nach einer ersten Trennung verschlug es ihn nach Portugal. Sie kam nach, um es nochmals zu versuchen, und sie arbeiteten gemeinsam im selben Krankenhaus. Das war in Lissabon, einer der wundervollsten Städte, die er sah, wie er sagt.
Auch in Portugal sollten die Wanderungen und Lebensbrüche kein Ende nehmen, bevor er dann der Liebe wegen nach Deutschland kam.
Aber der Reihe nach, auch wenn das Kapitel Portugal sehr spannend ist. Begonnen haben die Reisen in Brasilien, in "Guarapari" in der Region "Espirito Santo" in Brasilien.
Guarapari Strand |
Guarapari - Bananen, Mangroven und Krebse
Dort hat sein Vater Bananenplantagen, dort wuchs er auf. Als ich mir die Gegend auf google-earth zeigen lasse, blüht er auf, und erzählt von der wunderschönen Gegend.
Guarapari |
Diese Gegend ist international bekannt für seine Mangrovenwälder.
Mangroven sind Pflanzen, die im knietiefen Wasser wurzeln. Als wir im Internet Fotos heraussuchen, wird er lebendig. "In solchen Wäldern bin ich als Junge oft stundenlang herum gewatet", erzählt er mit leuchtenden Augen. "Wie viele andere Leute habe ich dort Krebse gesammelt, bis zu ein paar hundert am Tag. Es gibt dort eine bestimmte Krebssorte, die sehr groß werden kann."
By Leon petrosyan (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons |
Die Wurzeln der Mangrovenbäume |
Millionen von Mücken
Im Sumpf bauen die handtellergroße Krebse ihre Erdhöhlen. "Man muss tief in den Schlamm greifen, um sie herauszuholen; die Krebse sind in dem Dickicht der Wurzeln unter und über dem Wasser."
Was aber am schlimmsten sei: Millionen von Mücken sind dort unterwegs. "Du würdest dort keine zwei Minuten aushalten" lacht er. Aber auch er konnte nur mit viel Mückenschutzmittel arbeiten.
Riesige Krebse - Caranguejos
Wir sehen uns im Internet Fotos von den Krebse an. Sie sind riesig und heißen caranguejo. Sie gelten in den Küstengebieten als Delikatesse. Am besten ist eine Bildersuche via google, oder man sucht im portugisischen Wikipedia: http://pt.wikipedia.org/wiki/Caranguejo
von DeVerm - CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons |
Bananen mal anders - Banana da Terra
Mauricio wuchs mit seinem Bruder auf der Plantage seines Vaters auf. Was diese anbaute? Bananen, ist die Antwort, und ich will mehr wissen. Er zeigt mir im Internet die verschiedenen Bananensorten, die es gibt und versucht mir klar zu machen, dass in Südamerika nicht die süße Banane üblich ist, sondern die Kochbanane.
By Marcus Schönnenbeck, Düsseldorf [Public domain], via Wikimedia Commons |
Tatsächlich ist es so, dass weltweit - Amerika, Asien, Afrika - nur zu 20% die Dessertbanane angebaut wird, zu 80% aber die Kochbanane, in Brasilien banana-da-terra genannt. Sie ist ein Grundnahrungsmittel wie bei uns die Kartoffel. Im vollreifen Zustand ist die Schale schwarz, das Fruchtfleisch dann roh genießbar. Sie wird gekocht, frittiert, gebraten. Wikipedia ist hier etwas karg an Informationen, es gibt aber viele Webseiten, die sich auf das Thema spezialisiert haben.
Kochbanane, Gemüsebanane, Mehlbanane oder Pisangfeige, span. „plátano“, in Brasilien „banana-da-terra“, in vielen afrikanischen Sprachen Platan oder Plantan gennant. Foto by Renice at en.wikipedia (Transferred from en.wikipedia) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], from Wikimedia Commons |
Wie wird geerntet, will ich wissen. Wenn man die Texte über die Staude liest, hat man den Eindruck, dass die Pflanze nur selten Früchte trägt, da die Mutterpflanze abstirbt und ein Schößling nachwächst. Im Endergebnis ist es aber so, erzählt Mauricio, dass während des ganzen Jahres geerntet wird.
Nach Amerika kamen die Bananen durch Portugiesen und Spanier im 15. Jahrhundert, erfährt man im Internet. Ein lohnenswertes Thema zum Recherchieren. Aber woher kommt eigentlich der Ausdruck Bananenrepublik? Die Antwort finden Sie hier, bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bananenrepublik
Mit 13 in die Welt
Als Kind war er Büchernarr. Er verschlang Schulbücher und Sachbücher, bis ihm das nicht mehr reichte. Mit 13 Jahren fragte er seinen Vater, ob er auf Reisen gehen dürfte. Der war damit einverstanden.
Und so begannen seine Ausflüge. Zuerst innerhalb von Brasilien, ein Land, das vielfach größer als Deutschland ist, dann im restlichen Südamerika, bis hin zu Mittelamerika. "In Mexiko oder darüber war ich nie" sagt er, sonst so gut wie überall. Manchmal kam er nach Monaten zurück, manchmal erst nach zwei Jahren.
Wovon lebte er? Von Jobs. Dabei half ihm seine autodidaktischen Fähigkeiten, die ihm Jahrzehnte später ermöglichten, innerhalb von Wochen Musik zu lernen, sowohl theoretisch als auch praktisch.
Vieles hat er ganz kurzfristig gelernt, betont er. Als zum Beispiel ein den Auftrag hatte, als Pizzabäcker in einem Hotel einzuspringen, ließ er sich das abends von einem Freund zeigen. Ab dem nächsten Tag machte er Pizzen. Sein erster Job bestand übrigens darin, dass er in einem Stadion Werbeflächen bemalen musste.
Jobs findet man in neuen Orten schnell über Lokale, z.B. als Tellerwäscher. ist man gut, findet man schnell Freunde bei den Lokalbesitzern, die meist Geld und Immobilien hatten. Dort wird man als nächstes eingesetzt, und dort lernt man Handwerkliches auf allen Gebieten. Aber auch die Theorie. Dann wird man von einem Unternehmer zum anderen weitergereicht, oder empfohlen.
Irgendwann konnte er nicht nur Häuser und Boote reparieren, schreinern, mauern, Stromleitungen legen, sondern auch Bäder und Schwimmbäder planen und einrichten. "Einmal hatte ich den Auftrag, ein Wasserholzhaus zu planen und den Bau zu leiten", erzählt Maurico.
Sein späteres Haus für seine Familie, 3 stöckig, hat er dementsprechend selbst geplant und ausgeführt.
Damit kommen wir zu einem neuen Lebensabschnitt, und wir sind immer noch lange nicht bei der Musik. Mehr dazu im nächsten Teil.