Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Bomben auf Regensburg Teil 1


Bombenfunde kommen bei uns öfters vor. 40.000 Bomben wurden im Laufe der letzten Kriegsmonate auf Regensburg abgeworfen. Im Zweiten Weltkrieg gab es drei wichtige Ziele für die Allierten in Regensburg:  die Gleise im Bahnhofsbereich, die Schwabelweiser Bahnbrücke im Osten, und im Westen die Messerschmittwerke.

Erst in diesem Jahr gab es drei Bombenfunde im Osten.
Am  05. Juni 2015 gab es Alarm in Schwabelweis, eine Woche später, am 12. Juni, Alarm in der Donaustaufer Str.  Jedesmal war es eine 225 kg-Bombe (500 lb=Pfund) aus dem zweiten Weltkrieg, jedesmal gab es vorsorgliche Evakuierung. Die Bomben konnten aber entschärft werden. Das Ziel der Bomber war wohl nicht die Schwabeweiser Eisenbahnbrücke, wie ich irgendwo las, sondern die Gleisanlagen des Bahnhofs Walhallastraße. Später kam noch ein Fund beim Gleisdreieck  dazu; Zielpunkt war eindeutig der Eisenbahnknotenpunkt, eingezeichnet als "RR-junction" in den Plänen der Alliierten.
Messerschmitt

Aber eines der Hauptziele war in Prüfening die für das Militär produzierenden Messerschmittwerke. Die Messerschmitt GmbH in Regensburg war als nationalsozialistischer Musterbetrieb eines der leistungsfähigsten und produktivsten Flugzeugwerke des Zweiten Weltkrieges.

Der Angriff auf diese Werke ist weltweit bekannt. Sie können ihn unter dem Namen "Operation Double Strike" oder "Schweinfurt-Regensburg-Mission" sowohl in der deutschen als auch in der amerikanischen Wikipedia oder sonst im Internet nachschlagen.

Es war ein Flug der Allierten tief in das Feindgebiet, und man wollte fast gleichzeitig sowohl Regensburg als auch Schweinfurt bombardieren. Die für Schweinfurt eingeteilten Flugzeuge sollten nur 10 Minuten später abfliegen, konnten aber wegen Wetters erst drei Stunden später starten, wodurch der Überraschungseffekt verloren war. Das führte dort zu extrem hohen Verlusten  - von den 220 Bombern wurden 148 abgeschlossen.

Operation Double Strike 

17. August 1943 - die Allierten unternahm sie ihren bislang ehrgeizigsten Luftngriff. Amerikanische Bomberverbände sollen zwei Ziele tief im feindlichen Hinterland gleichzeitig bombardieren.



Das erste Ziel war das Messerschmitt-Werk in Regensburg-Prüfening, das für das deutsche Militär produzierte und einen kleinen Werksflugplatz hatte. Unter  anderem wurde das Jagdflugzeug Bf 109 für die deutsche Luftwaffe produziert. In den Werken wurden ferner Seeminen- und Torpedohüllen sowie Leichtmetallteile für U-Boot-Türme hergestellt.






Über 1.000 Bomben wurden bei dieser Angriffswelle auf Regensburg abgeworfen, etwa 400 Menschen kamen auf deutscher Seite ums Leben, 200 auf amerikanischer.

Um 7.00 Uhr morgens starteten 146 Bomber B-17 in England Richtung Bayern. An der deutschen Grenze mussten die Begleitschutzjäger mangels Reichweite umkehren, von da an waren die Bomber den deutschen Luftwaffe schutzlos ausgesetzt. Diese setzten erstmals auch Luft-Luft-Raketen ein. Es gab hohe Verluste.



Um 12:24 Uhr Ortszeit hörten die Regensburger Luftalarm. Um 12:31 Uhr startete vom Messerschmitt-Werksflughafen aus - dort gab es also einen kleinen Flugplatz - sechs deutsche Jagdmaschinen.  Eine dieser Maschinen schoss bei Hemau noch eine B-17 ab. Zwölf der für Regensburg bestimmten Bomber wurden schon vor Regensburg abgeschlossen, seiben hatten wegen technischer Probleme umkehren müssen.

Um 12:42 Uhr fielen die ersten Bomben. Insgesamt wurden 971 Sprengbomben zu je 227 kg sowie 448 Brandbombenbündel zu je 112 kg abgeworfen.  Davon trafen rund 70 Prozent auf das Werksgelände und den Flugplatz. 


Der Beschuss durch deutsche Flak war nur schwach und ungenau - einige Batterien konnten nur Sperrfeuer schießen, da sich sämtliche Zielgeräte zur Überprüfung bei einer Nachbarbatterie befanden.  Erst um 14:13 Uhr erfolgte in Regensburg Entwarnung.




Auf deutscher Seite kamen etwa 400 Menschen ums Leben, darunter allein 91 Lehrlinge und zahlreiche meist sowjetische Kriegsgefangene, die für die Messerschmittwerke arbeiteten.

Die meisten wurden in Massengräbern auf dem Oberen Katholischen Friedhof beigesetzt. Bei der Buchvorstellung des Buchs von Schmoll über die Luftangriffe zeigte der autor Fotos von den Massengräbern und erzählte erschütternde Geschichten.

Die Messerschmittwerke und deren Flugplatz waren damals noch weit außerhalb der Stadt, daher wurden nur wenige zivile Gebäude beschädigt. Das neben dem Flugplatz liegende Krankenhaus der Barmherzigen Brüder wurde kaum in Mitleidenschaft gezogen.

In den folgenden drei Wochen konnte in Regensburg kein Flugzeug produziert werden. Im Dezember wurde die Fertigungsquote vom Juli wieder erreicht, die Alliierten hatten mit einem Ausfall von neun Monaten gerechnet. Allerdings wurde die Endmontage der von Messerschitt produzierten Jäger nach Obertraubling verlagert. Darüber hinaus wurden für die Produktion von Flugzeug-Teilen zunehmend KZ-Häftlinge in diversen Konzentrationslagern herangezogen; so z.B. im KZ Flossenbürg.

Wo waren eigentlich die Messerschmittwerke

Ich suche seit Jahren nach einem offiziellen Lageplan - vergeblich. Und ich habe im Laufe der Jahre viele fachkundige Leute gefragt, bis ich endlich eine Ahnung hatte, wie man das Gebiet ungefähr definieren könnte. Grund war neben meiner allgemeinen Geschichtsforschung auch die Tatsache, dass ich mit 3 Jahren ein Jahr lang am Rennplatz wohnte, wo meine Eltern die Gaststätte betrieben.


ungefähre Lage des Messerschmittgeländes


ungefähre Lage des Messerschmittgeländes

Wussten Sie, dass die heutige kaufmännische Berufsschule  das Hauptverwaltungsgebäude dieser Werke war? Das Gebiet erstreckt sich von Prüfeninger Straße nach Norden bis hin zum heutigen Siemensgelände.




Update: Es gibt noch mehr Hobbyforscher in Regensburg. Jemand hat mir seinen Entwurf für eine google-earth-georeferenzierung des Messerschmitgeländes zur Verfügung gestellt, das aber noch nicht endgültig ist.

Ungefähre Lage des Messerschmitggeländes




Der Bombenfund von dieser Woche am 26.10.2015 war in der Nähe, nämlich in der Dornierstraße 2. Dort fand man einen Blindgänger, eine 225kg-Sprengbombe.

Die Markierung zeigt nur die Dornierstraße als solche an und ist nicht die Fundstelle; die ist weiter unten, im Zentrum des Kreises, direkt am Eingang zum Krankenhausgelände (Dornierstraße 2)
Dummerweise muss auch das Krankenhaus komplett evakuiert werden, die Barmherzigen Brüder. Das hat auch damit zu tun, dass in der Nähe andere Sprengkörper schlummern könnten und über eine Kettenreaktion stärkere Auswirkungen eintreten können, als nur bei einer Bombe. Wobei auch die 225kg-Bomben dieser Machart besonders wirkungsvoll sind.

google-earth mit zugeschalteter 3D-Ansicht


Fortsetzung folgt