Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Sonntag, 23. Oktober 2016

Regensburger Almanach 2016 - und die Geschichte des Regensburger Almanach

In diesem Artikel berichte ich über den neuen Regensburger Almanach, dessen Buchpräsentation im Thom-Dittmer-Auditorium, und ich präsentiere den Versuch einer "Geschichte des Almanachs", nachdem es hier noch nichts "Fertiges" gibt und doch viele meiner Bekannten nicht viel über den Almanach wissen.

Der Almanach 2016

Der Regensburger Almanach 2016 ist da. Er hat den Titel "Regensburg ist alt und jung zugleich" und gibt somit den Themenschwerpunkt wieder.

Das traditionsreiche Jahrbuch wurde am 19. Oktober im Thon-Dittmer-Auditorium vorgestellt - die am Buch beteiligten Autoren waren anwesend und gaben auf Wunsch Autogramme. 

Josef Roidl vom Gietl-Verlag übergibt den neuesten Regensburger Almanach
Die Reden waren durchgängig kurzweilig und (jedenfalls für mich) stellenweise bewegend. Das liegt daran, dass es das Buch brennende soziale Themen anreißt, ferner, dass die Redner nicht nur  talentiert sondern auch als engagiert bekannt sind.


 
OB J. Wolbergs

OB Wolbergs sah die wichtigen gesellschaftlichen Themen im Almanach vertreten, wie die Gedanken und Erlebnisse der jungen Flüchtlinge oder auch die internationale Jugendkonferenz in Regensburg, in der rund 100 junge Menschen aus aller Welt ihre Zukunftsvisionen darlegten.


Prof. Dr. Morsbach mit - wie üblich unterhaltsamer - Ansprache

 Und was den Herausgeber und Macher des Buchs betrifft, also den Kunsthistoriker Dr. Morsbach, so zitiere ich hier statt aus der (wie üblich amüsanten) Rede aus seinem Vorwort zum Buch:
... Auch dieser Almanach von Michaeli 2015 bis Michaeli
2016 – jahrhundertelang war der 29. September Ende
und Beginn des Geschäftsjahres – spannt wieder ein Panorama
unserer städtischen Gesellschaft: das aktuelle
Regensburg mit Ereignissen und Persönlichkeiten; Regensburg
als Stadt des internationalen Spitzensports;
die schillernden Facetten der Geschichte, die von der
frühen Luftfahrt und die beiden Männer im Holzball,
das Schicksal zweier KZ-Überlebender, die vergeben
konnten, und den Bauboom der Nachkriegszeit bis zum
legendären Jazzclub in Kneiting reichen.
Und dann das Reizthema schlechthin, das hauptsächlich
unter an und für sich seriösen Herren zwischen Mitte
50 und Mitte 60 in wenigen Minuten heftige Diskussionen
mit roten Köpfen, erhobenen Stimmen und zunehmend
glasig-seligen Blicken hervorruft: die Studentenkneipen
der ersten 15 Universitätsjahre! Freilich finden
auch Literatur, Musik und Theater wieder ihren vergnüglichen
und angemessenen Raum ...

Auditorium Thon-Dittmer-Palais

Was ist eigentlich der Regensburger Almanach?

Seltsamerweise habe ich nirgends eine Kurzbeschreibung zu dieser Buchserie gefunden.  Keinen Elevator-Pitch, der in ein oder zwei Sätzen einem Neugierigen erklärt, was er hören will.

Für viele Kenner ist der Almanach-Kauf eine Selbstverständlichkeit, sei es für die eigene Sammlung, sei es als Geschenk für Dritte. So macht es z.B. auch der Oberbürgermeister. Ich selbst kaufe immer wieder alte Ausgaben, wenn ich sie beim Buchhändler oder im Antiquariat entdecke.

Aber viele andere kennen die Buchserie eben nicht, und die  interessieren sich vielleicht erst mal für den Inhalt. Hier ist er:





Herausgeber Dr. Morsbach, OB J. Wolbergs, Josef Roidl vom Gietl-Verlag


Josef Roidl, seit Jahresanfang alleiniger Geschäftsführer des Gietl-Verlag, aber schon seit über 20 Jahren im Verlag tätig.

Was ist also der Almanach? 

Mangels kursierender Kurzbeschreibungen versuche ich es mit eigenen Worten: ein seit 1967 herausgegebenes Jahrbuch mit Aufsätzen verschiedener Autoren über Themen quer durch Regensburg. DAs Buch soll gleichzeitig ein Neujahrsgeschenk sein - das bedeutete der Name nämlich ursprünglich.

Das Buch wird NICHT von der Stadt herausgegeben, und  enthält im Gegenteil gelegentlich kritische Bemerkungen zur Stadtpolitik.

Wer im einzelnen hinter dem Almanach steht, ergibt sich aus nachfolgender

Geschichte des Regensburger Almanach

(Update 1.11.2016)

Der Regensburger Almanach ist 1967 zum ersten Mal erschienen – und zwar im Walhalla und Praetoria Verlag. Herausgeber war damals nicht Josef Ernstberger, wie es anfangs an dieser Stelle hieß, sondern der Verleger Georg Zwickenpflug vom Walhalla und Praetoria Verlag. Dem gefiel die Idee des eigentlichen Gründers, des Rechtspflegers Hans Bretz, die jener in der Gaststätte Justizpalast äußerte. Zwickenpflug beauftragte den Redakteur Werner Huber, Feuilletonchef der MZ mit der Herausgabe (Quelle: Konrad M. Färber, "Al-manach hieß Rastplatz der Kamele - seit 30 Jahren erscheint der Regensburger Alamanch" im Almanach 1998, S. 187 ff) Nach einer anderen Quelle wurde die die Idee des Almanachs beim  Freitagsstammtisch „zum Bratwursteck“ in der Fröhlichen- Türken-Straße geboren (gemäß diesem MZ-Artikel)

1972 übernahm Josef Ernstberger die Herausgabe.

Josef Ernstberger war gemäß dieser Quelle  Bezirksfinanzpräsident und   als „Aloys Balsamer“ launiger Mundart-Kolumnist in der Mittelbayerischen Zeitung.

Die Nachfolge Ernstbergers trat der frühere Regierungspräsident Professor Dr. Ernst Emmerig an .
Ernst Emmerig (1916-1999) war gemäß Wikipedia ein Verwaltungsjurist, Hochschullehrer, Regierungspräsident der Oberpfalz und Heimatkundler. Nebenberuflich befasste sich Emmerig mit der Kulturgeschichte des Egerlandes und gab unter anderem den Regensburger Almanach heraus und war Initiator der Beiträge zur Geschichte und Landeskunde der Oberpfalz. Von wann bis wann er den Almanach führte, konnte ich nicht feststellen. (Vielleicht mal eine Fleißaufgabe für den Gietl, äh, Battenberg, äh MZ-Verlag?)

Ihn löste Dr. Konrad Maria Färber ab, Leiter des MZ-Verlags, Unter ihm wurde der Almanach für einige Jahre stark geschichtslastig, und ähnelte ein wenig der ebenfalls beliebten Buch-Reihe "Denkmalpflege in Regensburg".
Konrad Maria Färber (1941–2013) war deutscher Journalist und Verlagleiter, nicht nur des MZ-Verlags (ab 1992) sondern auch des Universitätsverlages mit der Zeitschrift „Blick in die Wissenschaft“ . Dabei hat er exakt 356 Buchproduktionen betreut, was er auch dann auch später als selbstständiger Verlagsberater mit Büro am Watmark tat. K.M. Färber ist der Bruder von Orphee-Besitzer Neli (Cornelius) Färber und taucht in dessen Orphee-Buch auf: er war der mysteriöse Mrs. Vidoqu, der ein paar Wochen lang in der Küche im Orphee kochte, dem Publikum aber als ein aus Frankreich kommender Spitzenkoch verkauft wurde. Die informativste Quelle über ihn ist ein MZ-Artikel aus 2006 anlässlich seines 65. Geburtstags. Das Orphee-Buch (das ich als Print-Version besitze) soll mittlerweile als Digitalisat kostenlos im Internet erhältlich sein - hier müsst Ihr aber selber suchen.
Dr. Konrad Maria Färber starb im Dezember 2013.  Damit war die Buchreihe gefährdet.

Ab 2013 übernahmen der Gietl-Verlag in Kooperation mit Dr. Peter Morsbach die Reihe

Der Gietl-Verlag Regenstauf übernahm das Projekt aus verlegerischer Sicht -  unter witzigen Umständen. Als Heiner Gietl 2013 wegen der Rechte zum Almanach beim MZ-Verlag anfragte, sagte man sagte ihm, "den Almanach verkaufen wir nicht. Den Verlag können Sie haben". Und so kam es - der Heiner Gietl kaufte den MZ-Verlag (Quelle: diese Geschichte wurde so wie hier schon bei einer früheren Präsentation erzählt und auch bei dieser Veranstaltung wiederholt)

Es war aber noch die Suche nach dem eigenglichen Macher notwendig, dem "Herausgeber", der die Autoren und Themen auswähl und koordiniert. Der Gietlverlag gewann hierfür den  Kunsthistoriker Prof. Dr. Morsbach - der zwar auch einen eigenen Verlag hat, hier aber nur als Herausgeber in Kooperation mit dem MZ-Verlag auftritt. 

Prof. Dr. Morsbach erledigte seine Aufgabe in den letzten Jahren mit Bravour. Er und Verleger Heiner Gietl brachten die Buchserie wieder zu ihrem früheren Schwerpunkt wieder, den es vor Dr. Färber hatte: das Aktuelle Geschehen, das, was während des vergangenen Jahres in Regensburg die Bürger bewegte - Personen, Persönlichkeiten, Kultur und Gesellschaft.

Diese von verschiedenen Autoren beschriebenen Geschehnisse sind vermischt mit allgemeinen sozialen und geschichtlichen Aufsätzen.  Die Auswahl dieser zusätzlichen Themen hängt davon ab, welchen Themenschwerpunkt für das Jahr gewählt wurde, der gleichzeitig- immer der eigentliche Buchtitel ist. 2016 lautet der Buchtitel "Regensburg ist alt und jung zugleich".

Das äußere Format ist gleichgeblieben: Quadratisch und im gewohnten Layout. Wichtig für alle Sammler.

Die im Jahre 2014 erwähnte angestrebte 196 Seiten-Begrenzung konnte aber glücklicherweise nicht eingehalten werden -  2015 waren es 222 Seiten,  und 2016 sind es 232 Seiten. Aber wenn ich meine älteren Almanache durchsehe, findet ich sowieso höhere Seitenzahlen,  von 230 bis über 300 Seiten!?

Morsbach erklärte bei Übernahme im Frühjahr 2014, er werde sich weiterhin des bewährten Stamms an Autoren bedienen, wolle dazu aber verstärkt jüngere Mitarbeiter gewinnen. Wörtlich:
 „Es hat sich vieles bei uns gewandelt, beispielsweise in der Kulturszene. Jüngere Autoren dürften einen besseren Zugang zu neuen Kulturphänomenen haben. Das soll sich auch im Almanach widerspiegeln.“ 
Katharina Lenz und die Anfänge der Studentenkneipen

Übrigens: in der diesjährigen Ausgabe finden Sie auch Aufsätze von Katharina Lenz, unter anderem einen Aufsatz über die ersten Studentenkneipen in Regensburg in den 70er Jahren. Ein beliebtes Thema unter uns älteren Lesern. Im Gegensatz zu meinem Artikel vom Juli, der in facebook heiß diskutiert wurde, geht Katharina Lenz aber auch in die Anfangsjahre zurück, also in die 70er Jahre. Und während ich nur eine unkommentierte Aufstellung präsentiert habe, erzählt die Journalistin Details, die sie aus Interviews mit den Personen erfahren hat. Ein Artikel, der fortgesetzt werden soll - hoffentlich klappt das.


Etwas zum Gietl-Verlag: 

Zum 1. März 2014 übernahm der "Battenberg Gietl Verlag" in Regenstauf, allgemein nur kurz Gietl-Verlag genannt,  sowohl den MZ Buchverlag als auch den SüdOst Verlag. Der Name MZ-Verlag wird aber weitergeführt, so dass es mal heißt, der Almanach erscheine im MZ-Verlag, ein andermal, im Gietl-Verlag und  neuerdings, zwecks restloser Verwirrung, im "Battenberg Gietl Verlag" (Umbenennung am 4.1.2016 in Battenberg Gietl Verlag GmbH).  Eine Kurzform der Geschichte findet man unter http://www.gietl-verlag.de/ueberuns/, ansonsten war meine Quelle die diversen MZ-Artikel der letzten Jahre.

Zum MZ-Verlag: 1950 gründete der Verleger Karl Friedrich Esser den MZ-Verlag, also den Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung. Das Programm wurde von Dr. Färber um Bavarica-Titeln erweitert. Publikationen, Landkreisbücher, Ortskroniken, Heimatbücher, Kochbücher usw. gingen aus der Zusammenarbeit zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten hervor. Überregionale Titel kamen ferner durch Kontakte zur Universität Regensburg hervor.

Zum Titelbild des Almanach 2016

Das Titelbild des Almanach 2016 stammt vom Künstler Roman Pionke. Einige weitere Bilder von ihm waren anlässlich der Buchpräsentation im Thom-Dittmer-Auditorium ausgestellt.


Zu Dr. Peter Morsbach


Professor Dr. Peter Morsbach, Historiker, Denkmalpfleger, Besitzer eines eigenen Verlags, Buchautor, und last-but-not-least: Vorsitzender der Altstadtfreunde Regensburg. Und seit zwei Jahren auch Herausgeber des Regensburger Almanchs.

Zu ihm fand ich keinen zusammenfassenden Zeitungsartikel, auf den ich verweisen könnte, und auch bei Wikipedia gibt es zu Unrecht noch keinen Eintrag. Witzigerweise wurde ich dann bei mir selbst fündig: ich hatte früher schon mal alles zusammengetragen und in einem Artikel auf meiner Webseite "regensburger-personen.blogspot.de" notiert - und auf diesen Artikel kann ich verweisen: http://regensburger-personen.blogspot.de/2014/12/morsbach-dr-peter-morsbach.html



Video zur Buchpräsentation


https://www.youtube.com/watch?v=teou_8bsxrg

(eingebettete Videos entfernt im Oktober 2022 wegen neuer DSGVO-Abmahnwelle)