Seiten

Sonntag, 6. November 2016

Alexander Alexejewitsch Borisov - farbenfrohe Wintermärchen



Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934): Hundeschlitten, zur Nacht aufgestellt
 Dass die Arktis nicht etwa eine weiße Wüste ist, sondern eine hammermäßige Farbenvielfalt bietet, wusste ich schon. Zum Beispiel von dem Künstler Gerhard Rießbeck, dessen Gemälde wieder mal im Kunstkabinett ausgestellt sind und dessen jüngstes Buch hier bei mir herumliegt. Noch mehr aber von einer Bilderpräsentation von Stephan Fürnrohr an einem Abend der "Fotografischen Gesellschaft Regensburg", die uns allen einen Kloß der Rührung in den Hals zauberte -so farbenprächtig waren diese Impressionen vom unscheinbaren Element namens Eis. Über beides berichtete ich schon.

Und da überraschte mich heute eine Entdeckung beim Stöbern in einem 110 Jahre alten Magazin: dem Jahrgang 1906 der Kulturzeitschrift "Westermanns Monatshefte" - nämlich   ein Aufsatz über den russischen Maler Alexander Alexejewitsch Borissow, der damals gerade "aktuell" war.  Denn der lebte 1866 bis 1934. Und machte von seinen Expeditionen wunderbare Bilder mit leuchtenden Farben.

In Berlin hatte er gemäß Wikipedia im Jahre 1906 eine Ausstellung, was wohl Anlass für den Artikel war.  Glücklicherweise arbeitete die Zeitschrift schon damals mit Farbdruck.


Alexander Alexejewitsch Borisov (oder Borissow) war ein russischer Maler bekannt für seine arktischen Landschaften.

Zum Künstler gibt es im Internet relativ wenig Infos, Bilder noch weniger, obwohl gemeinfrei. Von seinen Texten fand ich gar nicht, nicht einmal einen bibliografischen Hinweis Um so wertvoller ist diese Perle von Aufsatz in den Westermann-Monatsheften,  den ich hier der Vergessenheit entreißen will:
Alexander Borissow und sein Werk, von Julius Norden
in Westermanns Monatshefte 1906, Band 100
Komplett digitalisiert auf:
https://archive.org/stream/bub_gb_OadGAQAAIAAJ#page/n835/mode/2up
(und weiter unten in diesem Artikel zum Blättern hier eingebunden)




Zugegeben - außer der eigens dafür gemachten Einleitung hat dieser Beitrag keinen Regensburg-Bezug vorzuweisen. Ich hoffe, der geneigte Leser lässt sich trotzdem ein wenig entführen.

Den kompletten Magazin-Artikel habe ich hier direkt eingebunden:



Hinweis:  Weitere Bilder von ihm sind auch in den Kapiteln davor und danach verstreut - etwas, das bei den Westermann-Monatsheften üblich ist. Suche z.B. auf Seite 704/705 (=unnummerierte Seite zwischen 705 und 705). S. 688/689, oder Seite 608/609

(Check Oktober 2022: keine "nachladenden Schriftarten" durch diese Einbindung)

Einzelne Bilder


Ich habe mir die Mühe gemacht, von einigen Bilder Screenshots anzufertigen. Diese sind gemeinfrei und können beliebig weiter verbreitet werden (den regensburger-tagebuch-Stempel, der beim Hochladen automatisch generiert wurde, könnt Ihr entfernen)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)



Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)

Alexander Borissow (Borisov) (1866-1934)





Zum Künstler Borissow bzw. Borisov

Beachte bei Recherchen die alternative Schreibweise!

Hier der Wikipedia-Eintrag zu Borissow:
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Alexejewitsch_Borissow


Eine schöne Biographie (fast ausführlicher als in Wikipedia, jedenfalls flüssiger zu lesen) fand ich hier:
http://haltenraum.com/article/alexander-alexejewitsch-borisov


Bekannt ist er gemäß Wikipedia für sein (für mich eher unspektakuläres) Bild "Wintermärchen", das ich dann irgendwann auf wikicommons (via Wikipedia) fand



Hier noch ein Auszug aus Wikpedia zu Borissow:

Borissow fand sein Thema vor allem in den Landschaften des Hohen Nordens. Er wollte die "grenzenlose Schönheit der Tundra und des majestätischen Eismeers" darstellen. In den Jahren 1898–1900 malte er neben teils großformatigen Landschaftsbildern auch Genrestücke, die vor allem das Leben der Samojedischen Völker zeigten. So z.B. das 1898 entstandene "Samojeden in der Tundra im Frühling" oder das zwischen 1900 und 1901 entstandene "Samojeden beim Fischfang". Viele seiner auch für Anthropologen und Ethnologen interessanten Werke befinden sich heute im Museum für Bildende Künste in Archangelsk.

Sein wohl berühmtestes Bild ist "Wintermärchen" aus dem Jahr 1913. 1899 erwarb Pawel Tretjakow 65 Gemälde von Borissow, diese befinden sich heute in der Tretjakow-Galerie in Moskau.


Weitere Museen, die Gemälde von Borissow ausstellen, sind u.a. das Heimatkunde-Museum in Kasan, das Heimatkunde-Museum in Krasnodar, das Kunstmuseum in Moskau. Eine Werksammlung befindet sich im Museum von Nischni Nowgorod.

Ausstellungen  
1903/14/19 in St.Petersburg
1905 in Wien und Prag
1906 in Berlin
1907 in Paris
1908 in New York
1930/34 in Moskau
Auf der Weltausstellung zu Paris im Jahr 1900 war er bei einer Gruppenausstellung vertreten.

Zu Julius Norden

Der Aufsatz im Magazin ist von einem Julius Norden.
Julius Norden, das fand ich dann noch heraus, ist das Pseudonym von Julius Gustav Andreas Hasselblatt, Journalist, Kunstschriftsteller, Dramatiker (z.B. Komödie Der Tugendbold), 1849 - 1907, starb am 5.2.1907 in Berlin.

Julius Norden war auch Feuilletonredakeur der St. Petersburger Zeitung und zwar von 1879-1895.
Diese Daten waren für mich wichtig, weil in seinem Artikel auch eine Übersetzung eines Teils der Erinnerungen von Borisov enthält - eine so spannende, dass ich sie bei Gelegenheit abtippen will und hier nachtragen will.

Nun - die urheberrechtliche "Gemeinfreiheit" der Bilder, wie auch seiner Texte, hängt von den Lebensdaten Borisovs ab - 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt jegliches Urheberrecht der Erben oder Verlage. Bei deutschen Übersetzungen seiner russischen Texte muss man aber auf den Übersetzer abstellen, hier also auf Julius Norden. Eine kleine Rechtsfalle im Urheberrecht.

Da aber auch Julius Norden mehr als 70 Jahre tot ist, wie ich feststellen konnte, ist sein kompletter Aufsatz, inklusive seiner Übersetzung des Borisov-Textes, gemeinfrei und ich könnte ihn hier digitalisieren.

Angeblich war er ja etwas eingebildet, der Julius Norden, und ein begnadeter Komödienschreiber war er wohl auch nicht (siehe unten bei "Tagebücher von Friedrich Fiedler"). Aber für seinen Aufsatz über Borisow müssen wir ihm dankbar sein.

Tipp: Tagebücher von Friedrich Fiedler  

Bei der Gelegenheit bin ich auch auf die Tagebücher von Friedrich Fiedler gestoßen, 1859 - 1917, ein Übersetzer, der sich in der Berliner Literatur- und Theaterwelt bewegt - Aus der Welt der Literaten.
Seine Tagebücher wurden 1996 herausgegeben unter dem (neuen, leicht abgewandelten) Titel Aus der Literatenwelt. Charakterzüge und Urteile: Tagebuch (Veröffentlichung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung)

Sehr amüsant und spannend. Lesen Sie doch mal auf S. 132, da finden Sie was zu Julius Norden und seiner Theater-Pleite.

Sehr viel Leseproben finden Sie auf google-books, die einen großen Teil des Buchs gescant bietet:
https://books.google.de/books?id=euXI2y-yeF8C&lpg=PP1&hl=de&pg=PP1#v=onepage&q&f=false
Wikipedia zu Fiedlers Tagebuch:
Besondere Bedeutung besitzt das Tagebuch Fiedlers, das er fast 30 Jahre lang führte (von 1888 bis zu seinem Tod). Er nannte es Aus der Welt der Literaten. Das Tagebuch enthielt keine persönlichen Eintragungen, sondern ausschließlich eine „Chronik von Beobachtungen“ bekannter russischer und deutscher Literaten (über tausend Personen). Hierzu zählten Beschreibungen des Alltags, von Gewohnheiten, Lieblings-Redewendungen, Einzelheiten des Privatlebens u.a. Die Genauigkeit und Echtheit der Eintragungen Fiedlers sind über jeden Zweifel erhaben. Anhand des Materials seines Tagebuchs verfasste und veröffentlichte Fiedler mehrere Essays.
Zur Ausgabe 1996 gibt es auf amazon eine völlig zutreffende 4-Punkte-Einschätzung, die so beginnt:

"Fiedlers Aufzeichnungen kann man getrost eine "Goldgrube" nennen, denn ebenso wie diese enthalten die Tagebücher nur einen Bruchteil des kostbaren Metalls - ich bin immer wieder auf Passagen gestoßen, die mich entzückt haben oder die ich außerordentlich interessant fand. Aber ebenso enthalten sie eine Unmenge Schotter, durch den man sich durchgraben muss um an das Gold zu gelangen. ..."
Richtig. Ein Text zum Stöbern, also. Dafür ist 32 Euro Neupreis zu teuer (es wird immerhin ein alter, gemeinfreier Text verwertet) aber das Buch gibt es ab 5 Euro gebraucht (ebenfalls über amazon) und dank google-books kann man einen Großteil kostenlos lesen. Eine durchgehende Handlung ist ja nicht da.

Nachtrag

Es hat mir keine Ruhe gelassen: kann eine Monatszeitschrift aus 1906 wirklich Farbdruck (für den Abdruck von Fotos, nicht nur für Lithographien) verwendet haben? Üblicherweise hat sich doch der Farbdruck in Magazinen erst ab den 1950er Jahren durchgesetzt, so denkt liest man jedenfalls. Und so habe ich es in Erinnerung.

Aber es scheint zu stimmen. aus der Geschichte des Westermannverlags (www.westermanngruppe.de) fand ich dann noch folgende Stelle:






Der Farbdruck als Innovationsfeld der Druckerei des Westermannverlags.