Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 27. Mai 2017

Campanile und Obermünsterruine - positive Entwicklung?




Der Campanile wird saniert! Das entdeckte ich bei meinen Spaziergängen in den letzten beiden Tagen. Ich habe noch nicht herausgefunden, ob das im Rahmen des Gesamtprojekts der seit Jahren laufenden Obermünsterviertelsanierung statt findet, oder eine zufällige Aktion des Bistums ist.



Obermünster Campanile; vom Jesuitenplatz aus gesehen. Foto: 26.05.2017



Der Campanile - das ist der freistehende Glockenturm, der zur Obermünsterkirche gehörte. Eine der wenigen freistehenden Glockentürme in Deutschland, denn anders als in Italien sind in Deutschland die Glockentürme normalerweise in die Kirchen integriert.

Das linke Bild zeigt den Campanile von der Obermünsterstraße aus (Foto aus 2013).





Die Obermünster-Kirche wiederum ist im Frühjahr 1945 durch Bomben so zerstört worden, dass nur noch ein paar Reste übrig geblieben sind, die ich hier als "Obermünsterruine" bezeichne. Und damit ist die Frage mancher Parkhausbesucher geklärt, was das für ein komischer Ort ist, den man vom neuen Petersweg-Parkhaus aus nach Westen hin sieht.

Die Ruine ist nur gelegentlich zugänglich - z.B. zu der traditionellen Sommerveranstaltung namens "open-air-classic". 


Vom obersten Stock des Parkhauses aus betrachtet: die
Ruine der Obermünsterkirche und rechts daneben der Campanile, 26.05.2017


Hier ein alter Stich vom Obermünsterstift. Den freistehenden Kirchturm (Campanile) und die 1945 zerstörte Kirche habe ich gekennzeichnet. Der Blick geht von Norden nach Süden. Unten ist also die Obermünsterstraße. Links davon befindet sich heute das Parkhaus am Petersweg

Alter Stich vom Obermünsterstift.


Campanile vom Parkhaus aus gesehen (Mai 2017)


Campanile vom Kassiansplatz aus (Blick durch Malergasse)

Weitere Fotos von diesem Spaziergang in folgendem Album:
https://goo.gl/photos/hvFw4JwFuRWxkhqEA


Wo ist diese Kirchenruine eigentlich?

Die Lage der Ruine habe ich bereits in einem früheren Artikel anhand eines google-earth-overlays verdeutlicht. Über die normale google-earth-Ansicht habe ich eine frühere Stadtkarte von 1811 gelegt und mit dem Transparenzregler gespielt:

google-Earth-Satellitenbild der Obermünsterruine - rechts vom gelben Halbkreis.
Der Zugang erfolgt normalerweise über die Obermünsterstraße; normalerweise ist aber das Gelände abgesperrt.


Wenn man eine Karte aus 1811 darüberlegt und den Transparenzregler langsam bewegt, erkennt man die Lage der Kirche
 (oben Norden): links die Obermünsterkirche, die rechte Kirche ist die Mittelmünster-Kirche oder Jesuitenkirche St. Paul, die 1809 durch Napoleon zerstört wurde und wo heute Parkhaus und Mädchengymnasiumsgebäude stehen.





Grundriss Obermünsterkirche (oben Nord) aus einem alten Buch

Obermünsterruine und  Campanile aus dem Blickwinkel der Stadtentwicklung

In einem früheren Artikel schrieb ich:
 Ich kann nur hoffen, dass diese äußerst wichtigen historischen Reste im Rahmen der Quartiers-Sanierung wieder zugänglich werden. Das Gutachten, das Ausgangspunkt für die derzeitige Sanierung des Viertels ist, empfiehlt dies ebenfalls.
Das scheint sich so zu entwickeln, und ich will das nochmals erklären:


Das früher einmal sehr wichtige Obermünsterviertel ist in den letzten Jahrzehnten völlig ins Abseits geraten. Die Denkmäler Kirchenruine und Campanile sind entweder unzugänglich oder versteckt, vor allem aber war der frühere Fußgängerdurchgang zwischen Petersweg und Obermünsterstraße beim Bau des alten Petersweg-Parkhauses in 60er Jahren verloren gegangen: damit ist das Gelände vom Fußgängerstrom abgeschnitten. Schlecht für Obermünsterstraße und Nebengassen.

Im Rahmen der Obermünsterviertel-Sanierung ging das vorbereitende Gutachten (das Gutachten ist hier abrufbar) auf diese unglückliche Entwicklung ein und empfahl, das Jesuitengassel wieder herzustellen, wenn das Parkhaus neugebaut wird. Außerdem wurde angeregt, mitten im Gässchen eine Querverbindung zum Campanile herzustellen. Den Campanile könne man sogar als Aussichtsturm benutzen, jedenfalls solle man die Obermünsterdenkmäler mehr hervorstellen

Auszug aus dem Gutachten:

FUßWEGVERBINDUNGEN

Die historischen Wegebeziehungen zwischen dem St.-Peters-Weg und der Obermünster-
straße (z.B.: Jesuitengässl) sollen wiederbelebt werden. Aber auch eine neue fußläufige Erschließung, ausgehend vom Jesuitenplatz zum möglichen zukünftigen „document Obermünster“, kann eingerichtet werden.
GESTALTUNG DER ÖFFENTLICHENPLÄTZE UND STRAßEN

Die Plätze im „Obermünsterviertel“ sollten, ähnlich der Platzfolge Haidplatz-Rathausplatz
Kohlenmarkt, einheitlich gestaltet werden.

Die Aufenthaltsqualität soll erhöht werden; dies kann durch Grünbereiche, Brunnen, Spielpunkte und ansprechende Möblierung des öffentlichen Raums erfolgen. Wichtig ist auch die Errichtung von ausreichenden Stellmöglichkeiten für Fahrräder in den öffentlichen Plätzen und Straßen.
INWERTSETZUNG DER POTENTIALE DES CAMPANILES UND DER RUINEN DER EHEMALIGEN STIFTSKIRCHEN MITTELMÜNSTER UND OBERMÜNSTER

Die Herausarbeitung und Darstellung der großen historischen Bedeutung der Stiftskirchen  Mittelmünster und Obermünster durch ein museales Zentrum („document Obermünster“) mit  Darstellung der Historie der Regensburger Altstadt im Zusammenhang der im 2. Weltkrieg  entstandenen Verluste durch Bombardierungen, bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit, einen eigenen attraktiven Anziehungspunkt zu schaffen.

Hierbei könnte auch der Campanile 
als Aussichtsturm genutzt werden.

Eine zukünftige Nutzung dieser „Brachflächen“ ist auf je
den Fall wünschenswert.
Aktuelle Entwicklung:

Nun - das Jeusitengäßchen wurde tatsächlich wieder hergestellt, und zwar im Rahmen des Neubaus des Petersweg-Parkhauses. Gemeint ist das Gässchen LINKS vom Parkhaus, nicht das ebenfalls neu entstandene Gässchen rechts davon.

 Bei meinem Besuch in den letzten Tagen stelle ich fest, dass das Gässchen fertig zu sein scheint. Ob der Torbogen unten bei dem ehemaligen Diskothekengebäude bleibt, weiß ich nicht. Es sind jedenfalls keine Baustellenhindernisse mehr da


Das neue Jesuitengässchen - Mai 2017

Jesuitengässchen, von weiter unten aus gesehen (kurz vor Einmündung Obermünsterstraße)


Im Jahr 2014 sah das noch so aus:


Das wiederbelebte Jesuitengässchen im Jahr 2014 von der Obermünsterstraße aus gesehen - allerdings noch durch Baustellentätigkeit unbenutzt. Mehr Fotos: http://www.regensburger-tagebuch.de/2014/06/das-parkhaus-petersweg-und-das.html
Kommentierte GoogleEarth-3D-Ansicht vom Obermünsterviertel

Auch der Jesuitenplatz, also der Platz zwischen Obermünsterstraße und neuem Parkhaus, entwickelt sich positiv. Im Moment sind dort Freisitze des Burgerlokals, und ich habe dort schon eine gemütliche Kaffeepause genossen. Auch hier sind alle Baustellen-Gegenstände verschwunden.

Da müsste sich aber noch mehr tun, und wenn ich mich an frühere Entwürfe erinnere, dann ist da auch noch mehr geplant.





Ich bin neugierig, ob man auch die Mauer durchbricht und die im Gutachten angedachte Querverbindung von Jesuitengässchen zu Campanile schafft, ferner, ob man die Ruine zugänglicher macht. Zugegeben - es ist nicht Aufgabe der Kirche, sich um Tourismus und Stadtbild Gedanken zu machen, es wäre aber schön, wenn sie hier mitmacht (vielleicht ist das auch schon im Gange, wer weiß).

Das alles könnte auch die Obermünsterstraße selbst aufwerten, und die Malergasse, Pfarrergasse und Steckgasse. Denn diese Straßen dümpeln immer noch vor sich hin und die Ladenbesitzer wechseln immer noch zu häufig. Seit ich 2012 an einer Galerie in der Obermünster Straße beteiligt war, habe ich das Schicksal dieser Straße aufmerksam verfolgt.

 
Ältere Fotos vom (unrenovierten) Turm:




Blick vom Petersweg aus zum Campanile - über die Bauarbeiten des Parkhauses hinweg.


Obermünster Campanile, April 2013


Der Campanile, Nordseite, vom Parkplatz aus fotografiert - Mai 2013

Ostfassade, von der Parkhausbaustelle aus fotografiert


Hinter diesem Glockenturm, den freistehenden "Campanile" der Kirche, befindet sich die Ruine der Obermünsterkirche.