Fotos mit Impressionen vom ehemaligen LERAG-Gelände aus den Jahren 2011 bis 2015 am Ende des Artikels! |
Das LERAG-Gelände wird ein weiterer Baustein in der Stadtentwicklung im Osten. Dieses Gelände des ehemaligen Betonteilwerks wurde in den letzten 15 Jahren nur noch als Lagerplatz verwendet bzw. ist seit 2015 ganz stillgelegt, um neu bebaut werden zu können. Ähnlich wie bei den Kasernengeländen, beim Zuckerfabrikgelände und beim Schlachthofgelände wird so ein größeres östliches Stadtgebiet komplett neu erschlossen.
Diese schlagartige Modernisierung größerer Gebiete finde ich faszinierend. Denn historischerweise sind die Ost-Teile von Städten von Industrie und Gewerbe geprägt (wegen des Westwindes wurde Industrie gerne im Osten angesiedelt), was wiederum wohlhabendere Bürger abschreckt, dort zu bauen oder zu wohnen. Das bedeutet einen erhöhten Anteil von sozial ärmeren Schichten, älteren Wohngebäuden etc. Auch die in jüngerer Zeit zu beobachtende Ansiedlung von größeren Supermärkten auf diesen billigen Gebieten ändert wenig an diesem Kreislauf. Wer es sich leisten kann und sich in Regensburg niederlassen will, wird seine Immobilienobjekte überwiegend in anderen Gebieten als diesen als (eher trostlos empfundenen) Misch-/ und Gewerbegebieten suchen.
Wenn aber größere Gebiete wie das Candis-Viertel oder das Schlachthofgelände oder die Kasernengelände auf einmal frei werden, also in größerem Umfang komplett neu bebaut werden, kann dieser psychologisch-soziologische Kreislauf durchbrochen werden. Dann könnte hier schlagartig eine moderne Umgebung entstehen und das soziale Umfeld besser durchmischt werden.
Und genau das verfolge ich seit Jahren im Bereich Regensburg. Sicherlich auch deshalb, weil ich selbst im Osten wohne, und bei meinen Spaziergängen mit Yorki die Entwicklung ständig vor Augen habe.
Kuhhandel im Betonwerk-Areal?
Über die Details der geplanten Bebauung wird heftig gestritten. Jeder hätte es gerne anders, wie man aus diversen Artikeln in www.regensburg-digital.de entnehmen kann, und dann kommen da noch angebliche Bevorzugungen des Bauträgers hinzu. Der "Architekturkreis Regensburg" unter Leitung von Architekt Andreas Eckl wittert einen Kuhhandel und schaffte es, in der gestrigen MZ einen ganzseitigen Artikel mit eben diesem Begriff "Kuhhandel" in der Schlagzeile zu erreichen.
Das macht mich neugierig. Denn Kuhhandel ist gemäß Lexikon "ein durch undurchsichtige Abläufe, insbesondere den Einbezug von Neben- und Zusatzvereinbarungen geprägter Tausch". Schon ein heftiger Vorwurf (während der im Artikel verwendete Begriff "Ablasshandel" eher verwirrt - denn dann würde es um Vergebung von Sünden gehen)
Warum die Kritik? Weil der Bauträger am LERAG-Gelände, das Immobilienzentrum, nur 36 statt 55 Einheiten für sozialen Wohnungsbau realisieren muss, was die normale Quote wäre, heißt es von seiten des Architektenkreises. Eine "einseitige Bevorzugung", so heißt es weiter.
Aber halt: dafür musste der Bauträger - gemäß Vertrag mit der Stadt - das Defizit an anderer Stelle ausgleichen, nämlich am Brandlberg, wo die IZ derzeit ebenfalls baut (Bebauungsplan Nr. 247).
Ja, aber - da bliebe aber immer noch ein leichter Vorteil, meint Architekt Eckl, wegen der unterschiedlichen Grundstückswerte (wogegen wieder eingewendet wurde, dass der Träger in Brandlberg schon jetzt bauen muss, das LERAG Gelände aber erst in Zukunft verwertet werden kann - was den Vorteil evtl. wieder auffrisst!?).
Aber so oder so ging es bei diesem "Handel" nicht darum, den Träger zu bevorteilen, sondern das Ganze war aus anderen Gründen bewusst so geplant: man wollte zu starke Konzentrationen von Sozialwohnungen in einzelnen Gebieten vermeiden. Und mit Rücksicht auf die Struktur um das LERAG-Gelände herum (Gegend um Guerickestraße) wollte man offenbar eine weitere Konzentration von sozial schwachen Mietern oder Sozialwohnungen vermeiden und hat deshalb bewusst Sozialwohnungen nach Brandlberg transferiert, dort also die Quote erhöht.
Das erklärte Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer in einer Stellungnahme gegenüber der MZ im gestrigen Artikel.
Mit solchen Überlegungen diesem Hintergrund seien derlei Umverteilungsverträge übliche Praxis in der Stadtplanung, heißt es weiter. Das fand ich interessant.
Vermeidung von Getto-Bildung, gleichmäßigere soziale Strukturen. Etwas, was ich persönlich ganz gut finde. Und, soweit ich das über die Jahre hinweg verfolgt habe, fordern das auch die Stadtplaner ganz allgemein: die berühmte "Durchmischung" von Sozialwohnungen und ungeförderten Wohnungen. Es gibt für mich jetzt keinen sachlich zwingenden Grund, die als Richtlinien erarbeiteten Quoten speziell für ein bestimmtes Baugelände durchzudrücken, wenn dadurch insgesamt ungleiche Quoten innerhalb des gesamten Viertels entstehen.
Selbst dann, wenn dadurch als Nebeneffekt ein Vorteil für einen Bauträger entsteht, wäre das für mich o.k., solange sichtbar ist, dass es der Verwaltung nicht darum ging, sondern eben diese stadtplanerische Gründe dahinter standen.
Wichtig ist mir, dass die Stadtplaner nicht einzelne Bauträger bevorzugen wollen sondern nachvollziehbare Stadtplanung betreiben. Und den Eindruck habe ich - auch nach mühsamer Lektüre aller Artikel - eigentlich schon.
Das ist allerdings, zugegebenermaßen, meine persönliche Einschätzung.
Dass man ansonsten man uferlos über Details diskutieren kann, ob man jetzt die Sozialwohnungen auf mehrere Gebäude oder eines verteilt und wo der Kinderspielplatz hingkommt, ist natürlich klar.
Wer sich näher informieren will oder mitmischen bzw. mitkommentieren will, findet - außer im MZ-Artikel - in folgenden Artikeln des investigativen Journals "www.regensburg-digital.de" viele Detailinformationen:
- 8. Oktober 2017: Bauträger erwidert Kritik an LERAG-Extrawurst
- 6. Oktober 2017: LERAG Bebauung mit Extrawürsten
- 13.10.2017: Architekturkreis kritisiert IZ – Extrawurst bei Sozialquote
Hier noch ein paar Impressionen vom LERAG-Gelände aus den letzten Jahren, insbesondere aus Spaziergängen in 2011 und 2014:
2014 |
2011 |
Spaziergang in 2011 - damals war das Gelände parzellenweise untervermietet |
2011 |
Lerag-Gebäude, 2011 |
Foto aus 2014 |
2011 |
2014 |
2014 |
Vom Safferlinger Steg aus gesehen, 2015 |
Siehe auch: Drohnen-Video aus 2013 auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=N0orZ3Ry2LY)