Wir beginnen im heutigen Artikel mit einigen Basisdaten - keine Angst, es kommen keine trockenen Wikipedia-Fakten. Es handelt sich um meine persönliche Zusammenstellung.
Wie heißt der Dom?
Der Regensburger Dom heißt offiziell Dom St. Peter, was wir aber nicht mit dem Petersdom in Rom verwechseln dürfen. Benannt ist er nach dem hl. St. Peter, dem Schutzheiligen des Doms und der Stadt.
Wann wurde der Dom gebaut?
Gebaut wurde er ab 1273. Ein Datum für die Fertigstellung ist etwas schwierig zu definieren. Man baute am Dom über Generationen hinweg von 1273 bis ca 1500, dann stand er im Wesentlichen.
Danach gab es aber immer wieder Ausbauten und Umbauten; z..B. gab es die Fertigstellung der Querhausgiebel und des Dachreiters im Jahre 1872, so dass man auch sagen kann, dass erst da der Dom vollendet war. Aber es fehlten immer noch die ursprünglich angedachten spitzigen Domtürme, die uns heute vertraut sind.
Diese Domtürme wurden 1859 bis 1869 gebaut, auf Drängen von König Ludwig I. und König Maximilian II. Das ist auch der Grund dafür, dass man 2019 das 150jährige Jubiläum für die Fertigtellung der Domtürme feiert. Über die Domtürme werde ich einen eigenen Artikel schreiben.
Wer sich über die sehr interessante Baugeschichte interessiert, findet sehr gute Informationen online im Lexikon der Bayerischen Geschichte: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Dom
Auch hier auf der Webseite der "EUROPÄISCHE VEREINIGUNG DER DOMBAUMEISTER", findet man eine Zusammenfassung der Baugeschichte: http://dombaumeisterev.de/?dom=dom-st-peter-regensburg
Übrigens: die Sage von der Wette des Dombaumeisters und des Baumeisters der Steinernen Brücke, bei letzterer einen Pakt mit dem Teufel einging, ist von vornherein völliger Unsinn. Denn die Brücke war schon fertig, als der Bau der Kirche begann.
Stil und Bedeutung
Der Regensburger Dom ist eine gotische Kathedrale. Für uns Regensburger ist er mit seinen 105 m Höhe natürlich beeindruckend, aber im Vergleich zu den anderen europäischen gotischen Kathedralen ist er eher klein und taucht auch nicht unter zu den Top 10 auf. Kunsthistoriker sprechen von einem eher spröden Charme.
Regensburger Dom links und Notre Dame rechts (mit etwas mehr Abstand betrachtet) |
Beispiele für gotische Baukunst (aus einem alten Brockhaus; dort als "deutsche Baukunst" bezeichnet |
Was heißt gotisch und warum nennt man die Türme neugotisch (neogotisch)?
Gotisch nennt man eine revolutionär neue Bauweise zwischen 1150 und 1500. Davor gab es die romanische Bauweise (ca 1000 bis 1200).
Stammt ein Bauwerk im gotischen Stil aus der Zeit von 1150 bis 1500, spricht man von gotisch. Wurde später in diesem Stil gebaut, spricht man auch von neogotisch (neugotisch), im Sinne von "im gotischen Stil, aber nicht aus der Gotik-Epoche stammend".
Die Domtürme, die 1859 bis 1869 gebauten wurden, werden deshalb gelegentlich als neugotisch bezeichnet.
Erster gotischer Bau war eine Abtei-Kirche in Paris, bei der der Abt eine völlig neuartige Statik benutzte: statt dass die Außenwände tragend sind, gibt es nach oben hin verjüngende Säulen, die das ganze Gewicht tragen.
Ähnlich wie bei der heutigen "Ständerbauweise" sind somit die Wände also nicht mehr tragend, und man konnte daher leichtere, dünnere Wände verwenden, aber vor allem: man konnte riesige Glasfenster einbauen.
Diese Glasfenster müssen damals, als es weder Diaprojektor noch Fernseher gab, einen hammermäßigen Eindruck auf die Besucher gemacht haben, wenn das Tageslicht durchfiel.
Außerdem symbolisierten die nach oben hin verjüngenden Decken das Streben zum Himmel und somit ein neues Gefühl. Gotische Bauweise ist also nicht nur äußerlich anders, es baut auf einer völlig neuen Statik auf. Man spricht auch von Skelettbauweise.
Typisch für den gotischen Stil ist der Spitzbogenstil, den man z.B. in vielen Fenstern in der Stadt sieht. Dagegen waren in der Romanik eher runde Fensterbögen üblich.
Woher kommt der Name gotisch?
Der Name "gotisch" ist missverständlich, weil die Bauweise nichts mit den Goten zu tun hat. Eher ist es eine französische Bauweise (wenn man davon absieht, dass damals Architekten europaweit mit dieser neuen Statik experimentierten, und der Abt von St. Denis nicht der alleinige Erfinder der Bauweise sein dürfte).
Der Name "gotisch" kommt vom Schriftsteller Giorgo Vasari. Dieser bezeichnete diese Bauweise im 16. Jahrhundert abwertend als "gotisch" im Sinne von "barbarisch" (Goten galten als Barbaren). Der Name hat sich dann etabliert und wurde nicht mehr hämisch verwendet.
Zeitweise sprach man auch - aufgrund eines Missverständnisses - von "deutscher Baukunst" (siehe das entsprechende Werk von Goethe)
Der Eselsturm
Eselsturm nennt man den (ganz und gar nicht gotisch aussehenden) Turm an der Nordseite des Doms.
Hier im Bild dunkel am unteren (= nördlichen) Rand: der Eselsturm |
Dort wo heute der Dom steht, stand vorher schon - etwas nach Osten versetzt - ein Vorgängerbau. Also ebenfalls ein Dom, mit sogar ähnlichem Grundriss: ein Längsbau, ein Querbau und zwei Türme auf der Westseite.
Der Eselsturm ist eine der beiden Türme des Vorgängerbaus, den man stehen ließ. Er wurde damals und auch heute noch zum Transport der Baumaterialien in die oberen Bereiche des Doms verwendet.
Der Name hat nichts mit Eseln zu tun. Esel war früher ein Name für einen Lastenaufzug. Der Turm in Regensburg besitzt ähnlich wie die Eselstürme an den Domen zu Speyer und Worms einen stufenlosen gewendelten Aufgang.
Eselsturm, Ostseite |
Nähere Informationen zum Regensburger Eselsturm findet man auf https://de.wikipedia.org/wiki/Eselsturm
Warum sind da immer Gerüste am Dom?
Die erste Zeit wurde der Dom aus Kalkstein gebaut. Man baute vom Ostflügel bis hin zur Westfassade. Die Westfassade wurde, etwa ab 1410, dagegen aus Grünsandstein gefertigt, ebenso die Türme und andere Ergänzungen im 19. Jahrhundert.
Dieser Grünsandstein war nicht die beste Wahl und zeigte bald Verwitterungserscheinungen. Schon ab den 1880er Jahren, also kurz nach Fertigstellung der Domtürme, musste man Reparaturen durchführen, und seitdem ist der Dom eine Dauerbaustelle. Beim Kölner Dom ist es nicht viel anders (siehe hier)
Grundriss und Aufmaße
Einen urheberrechtsfreien Grundriss des Doms findet man nur mittels aufwändiger Suche in alten (gemeinfreien) Büchern über den Dom. Hier ist ein Beispiel für den Grundriss mit Stand 1855:
Einen (im wesentlich gleich aussehenden) Grundriss des Staatlichen Bauamtes nach einem Aufmaß 1930 findet man auf dieser Webseite: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Dom.
Hier wird aber das copyright für das Bauamt vermerkt, so dass ich hier die ältere Variante verwende.
Viele Aufrisse und Pläne findet man in dem 2018 erschienen, großformatigen (DIN-A-3) Buch "Der Dom zu Regensburg, Teil 5: Tafeln" (58 Euro). Ich hatte mir dieses Buch kürzlich geleistet und bin vor allem über die Skizzen über die Bauphase bis 1500 begeistert. Der größte Teil der übrigen Pläne sind so extrem speziell, dass sie eher für Kunsthistoriker oder Architekten von Interesse sind.
Einen beachtlichen Teil dieser Skizzen über die Baugeschichte finden Sie aber kostenlos online hier:
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Dom
Ansonsten fand ich ein paar Pläne auf google-books in einem französischen Nachschlagewerk: Monuments d'architecture de sculpture et de peinture de l'Allemagne https://books.google.de/books?id=U_usDKfSVbEC
Wo findet man kostenloses Lesematerial?
- Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Regensburger_Dom
- Historisches Lexikon: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Regensburg,_Dom
- http://dombaumeisterev.de/?dom=dom-st-peter-regensburg
-
http://www.inschriften.net/regensburg-dom-i/einleitung/2-die-baugeschichte-des-regensburger-doms.html
Ferner in folgenden gemeinfreien Büchern, die man über google-books oder anderernorts im Internet findet:
- Geschichte des Domes von Regensburg und der dazu gehörigen Gebäude;
Joseph Rudolph Schuegraf, Hrsg: Historischer Verein
Teil 1 1848
Teil 2 1849
ein paar Abbildungen am Ende des Buchs, bei google-books unvollständig gescant
- Der Dom zu Regensburg
Geschildert und in Abbildungen erläutert von B. Grueber
1844 (enthält nur einen schönen Stich)
Grueber ist übrigens der Typ, der auftragsgemäß ein Gutachten zum Ausbau der Domtürme erstellte und dabei zur Ansicht kam, dass die Statik des Unterbaus nicht ausreicht. Erst ein späteres Gegengutachten machte den Weg frei für die Domtürme.
- Der Dom zu Regensburg,
Eine gedrängte Schilderung seiner Merkwürdigkeiten und Geschichte des Baues von den frühen Zeiten bis zur Wiederherstellung durch König Ludwig I. von Bayern
1842
Autor unbekann, Verlag Friedrich Pustet
enthält 2 schöne Stahlstiche, eine Außen und eine Innenansicht -
Monuments d'architecture de sculpture et de peinture de l'Allemagne depuis l'établissement du christianisme jusqu'aux temps modernes: Architecture, Band 2, von Morel, 1860mit Kapitel und Risszeichnungen vom Regensburger Dom
- DieMeisterwerke der Kirchenbaukunst: eine Darstellung der Geschichte deschristlichen Kirchenbaues durch ihre hauptsächlichsten Denkmäler
Carl von Lützow, Carl “von” Lützow
Seemann, 1871 - 454 Seiten
Kapitel über den Dom zu Regensburg ab S 283
https://books.google.de/books?id=L7NRAAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq=architect+ratisbon+cathedral+1862&hl=de&sa=X&ei=-aQPU7iPLcKatQbOv4FI&ved=0CFcQ6AEwBQ#v=onepage&q&f=false