Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Dienstag, 3. September 2019

Hochinteressantes Programm am Regensburger Galerienabend 2019

Regensburger Galerienabend


Am Samstag, 21. September 2019 findet in der Altstadt Regensburgs von 18-23 Uhr der diesjährige Galerienabend statt. Insgesamt 14 Kunstgalerien und Kunstvereine haben geöffnet. Einige haben ihren Vernissage-Termin auf diesen Abend gelegt.

Die Ausstellungsschwerpunkte reichen von Malerei, Bildhauerei über Autorenschmuck bis hin zur Medienkunst. Die gezeigten Arbeit sind sehr vielfältig: Pure Ästhetik, Konzeptkunst, Glaskunst und gesellschaftlich heiß diskutierte Themen wie Recycling, soziale Strukturen und ethnisch kulturelle Differenzen werden in Szene gesetzt.

Das ist meines Erachtens heuer ein wirklich spannendes Programm.

Ich habe mir die Mühe gemacht, zu den einzelnen Künstlern  deren Webseiten herauszusuchen und zu verlinken, damit sich der Leser eine Vorstellung von deren Kunst machen kann.


Was ist geboten?

Am Fischmarkt:

Die Künstlerin Susanne Neumann aus Waldsassen ist eine begnadete Geschichtenerzählerin. Im artspace Erdel am Fischmarkt 3 und zusätzlich im Schaulager Am Schallern 4 präsentiert sie unter dem Titel "in Bewegung" brandneue Arbeiten rund um das Thema Mobilität. Die Vernissage war schon vorher, nämlich am 12. September.

 In farbintensiven, figurativen Acrylbildern, Fotografien und Objekten setzt Susanne Neumann eines der Grundmuster des Menschseins in Szene. Für sie selbst ist das "in Bewegung sein" die große Konstante in ihrem Leben. Mit Anfang zwanzig zog sie zum Kunststudium nach Florenz, lernte Daniel Spoerri kennen, leitet heute als Vizepräsidentin seinen Skulpturengarten "Il Giardino" in Seggiano und betreibt neben ihrem Hauptwohnsitz in Waldsassen auch ein Atelier in Wien und entwickelt Kunstprojekte. Susanne Neumann ist eine sensible Beobachterin und eine mutige Künstlerin am Puls der Zeit. Sie begreift Kunst als Inszenierung, die Gedanken in Bewegung bringt.

Webseite: http://www.susanneneumann.de/kontakt_home.html

Hinter der Grieb:

Da ist dann die Debütantin Hanna Rembeck, die Nachfolgerin der Schmuckgalerie von Brigitte Berndt, die bekanntlicherweise jetzt ihre völlig eigene Schmuckgalerie aufmacht. Unter dem Motto "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" präsentiert sich die junge Schmuckkünstlerin also zum ersten Mal mit ihrer neuen Galerie "Hannah" (Hinter der Grieb 9) und hat für den Galerienabend neben ihren eigenen Arbeiten auch Autorenschmuck von Helen Freisacher- Borst, Juliane Schölß und Pia Duppich im Programm.


Untere Bachgasse:

Das Kunstkabinett in der Unteren Bachgasse 7 zeigt Glasobjekte des jungen Künstlers Julius Weiland aus Lübeck. Ein Blick auf seine Webseite zeigt, dass das sehr interessant werden kann. Ferner sehen wir die Werke von Andreas Amrhein.


Zu Julius Weiland: Beeinflusst durch die Studio-Glas Bewegung aus den USA, entwickelte er seine ganz eigene Methode der Glasbearbeitung. Seine Arbeiten sind von einem sehr freien Umgang mti dem Material geprägt, bei dem sowohl Zufall und Prozess, als auch das Dekorative ein große Rolle spielen.

Ebenfalls zum ersten Mal zeigt die Galeristin Marianne Schönsteiner-Mehr die Arbeiten des Künstlers Andreas Amrhein. In seinen stark farbigen Arbeiten setzt er Zeichnung neben Malerei, mischen sich abstrakte Ideen und Ornament, schwungvolle Geste mit dreidimensional gearbeiteter Figuration.

Webseite: https://juliusweiland.wordpress.com/
Webseite: https://www.andreasamrhein.de


Untere Bachgasse:

Gleich gegenüber, in der Galerie Hammer - bekannt für die französische Malerien Hélène de Beauvoir - sind ebenfalls zwei junge Künstler zu entdecken: Lisa Liepelt und Christoph N. Fuhrer.
Der in Bern geborene und in Berlin lebende Zeichner beschäftigt sich in seinem aktuellen Schaffenszyklus mit Wachstum in all seinen verschiedenen Erscheinungsformen. Seine an die Popart erinnernden Aquarelle sind ein starker sinnlicher Gegenpol zur immer oberflächenorientierteren digitalen Bilderwelt. Lisa Liepelt ist in Regensburg geboren und studiert derzeit Bildende Kunst an der HfBK in Dresden. Unter dem Titel "Ich glaube nicht an Handgepäck" zeigt sie Zeichnungen, Grafiken und filmische Studien.


Untere Bachgasse

Für die verstorbene Schmuckkünstlerin Brigitte Berndt (1955-2017) gibt es eine Gedächtnisausstellung - zum letzten Mal in ihren alten Galerierräumen in der Unteren Bachgasse 11. Brigitte Bernds Schmuckgalerie hatte den Ruf, zu den 50 besten ihrer Art in Europa zu gehören, war internnational bekannt und anerkannt.


Obermünsterstraße

Unter dem Titel "Crypto Codes" präsentiert die Galerie Isabelle Lesmeister in der Obermünsterstraße 6 den Künstler Mathias Hornung.

Die Grundlage seiner Arbeiten bilden rechtwinklige Raster, mal druckgrafisch auf Papier, mal dreidimensional auf Holz und mit kraterähnlichen Vertiefungen, welche das gleichmäßige Muster aus dem Lot zu bringen drohen. Dem zugrundeliegend ist die metaphorische Behaftung des Rasters als Gleichmäßigkeit und Ordnung stiftendes Mittel. Als Orientierungshilfe sollen sie vom Verfallen in Chaos und Ungleichgewicht bewahren. Topografie und Bewegung in Zeit und Raum werden durch solche Raster kontrolliert gegliedert - jedoch ist dieses theoretische Konstrukt zwangsläufig immer mit Ungleichmäßigkeiten und Störungen durchzogen: Vertiefungen und Furchen deuten den Beginn von Unkontrollierbarkeit und Chaos bereits an.

Webseite: http://www.mathiashornung.de

Gesandtenstraße

Freunde der Technik und Fotografie werden in der Schmuckgalerie Martin Wittwer (dort, wo früher die KLEINE GALERIE war, also neben der Cafe-Bar) in der Gesandtenstraße 16 fündig: Hier zeigt Dirk Bonnmann seine experimentellen Arbeiten "Recycling Hoch Drei". Diese Serie besteht aus Motiven von Recyclingmaterialien, die auch unter Verwendung analoger Fotogeräte entstanden. Die digitale Bearbeitung generiert etwas völlig Neues.



Weintingergasse



Die Galerie Kunstkontor Westnerwacht in der Weintingergasse 4 erfordert zwar einen kleinen Schlenker weg von der Altstadt, ist aber immer wieder ein herrliches Besuchserlebnis. Hier zeigt der Galerist Emanuel Schmidt die sorgfältig kuratierte Schau "Winterbilder" des großen Malers Willi Ulfig (1910-1983).

Das künstlerische Schaffen des mit vielen Preisen ausgezeichneten Malers ist geprägt von der Auseinandersetzung mit den grundlegenden Entwicklungen der Moderne. Ulfigs ganz kompromisslos eigenständige Bildsprache bezieht sich auf diese Strömungen und verwandelt sie in lyrisch-expressive Empfindungsmalerei, die sanft und melancholisch, freundlich und tiefsinnig mystisch eine innere Welt beschreibt, die erfüllt ist von meditativer Gelassenheit.

Webseite: https://willi-ulfig.de

Ludwigstraße

Einen umfassenden Überblick über die Kunstszene Ostbayerns bietet die aktuelle Jahresschau 2019. des Kunst- und Gewerbeverein in der Ludwigsstraße. An diesem Abend ist die Ausstellung von 18 bis 23 Uhr geöffnet! Webseite: https://www.kunst-und-gewerbeverein.de/home.html



Haidplatz bzw. Neue Waaggasse
 Auch Anna Bocek ist auf dem internationalen Kunstmarkt längst eine feste Größe. Für Regensburg hat sie Galerist Karl-Friedrich Krause entdeckt (Galerie art affair).

Anna Boceks Welt ist die der Farben und der Emotionen. Der Kontrast der Farben, die Dynamik des Farbauftrags und die ausdrucksstarken Portraits entfalten eine Intensität, der man sich nicht entziehen kann. Die in der Galerie Art Affair in der Neuen Waaggasse 2 gezeigten Arbeiten aus den Serien ATACAMA und ENSUEÑOS entstanden im Jahr 2019, in Reflexion ihrer Reise nach Südamerika. Neu ist, dass Anna Bocek das Element der Natur erstmals in ihre farbenprächtige, kontrastreiche Malerei einbindet, als Chiffre für ungezähmtes wildes Wachstum. Artist Talk ab 19 Uhr.

Webseite: https://www.annabocek.com/
Wahlenstraße

Der für seine Skulptureninstallationen bekannte Künstler Ottmar Hörl präsentiert in der Galerie Andrea Madesta, Wahlenstraße 3 (nicht mehr in der Oberen Bachgasse!) Miniaturen des Regensburger Doms.

Otmar Hörl möchte mit seiner Konzeptkunst Impulse setzen. Er fordert von sich als Künstler, eine Idee zu entwickeln, die weiter geht als nur ein Förmchen irgendwo hinzusetzen. Die Idee muss versuchen, das zeitgenössische Denken auf den Punkt zu bringen, von dem aus dann die Menschen ihre ganz persönliche Struktur entwickeln können.

Webseite: https://www.ottmar-hoerl.de/

Brixener Hof

In der Galerie Konstantin B. Am Brixener Hof 11 debütiert Kathrin Schneider (*1982) aus Mannheim. In ihrer abstrakten, stark gestischen Malerei lotet die junge Künstlerin die Möglichkeiten von Räumlichkeit und Fläche aus. Techniken wie Kratzen und Schürfen unterstützen die Haptik der Bildoberfläche und vertiefen den sinnlichen Charakter ihrer Arbeiten.

Webseite: http://kathrinschneider.com


Andreasstadel (Stadtamhof)

Die junge Künstlerin Barbara Sophie Höcherl (*1983 in Wörth an der Donau) erfindet sich immer wieder neu. Für die Ausstellung in der Stadelgalerie im Künstlerhaus Andreasstadel, Andreasstraße 28, schuf sie Objekte und Installationen zu den Themen Umwelt, Materialität, Tradition und sozialen Strukturen.

Link: https://www.kunst-in-ostbayern.de/kuenstler/hoecherlbarbara_sophie.html


Schwanenplatz

Der Neue Kunstverein am Schwanenplatz 4 bringt mit  Adidal Baou-Chamat Arbeiten  einer hoch angesehener Video- und Konzeptkünstlerinn nach Regensburg.

Die deutsch-syrische Künstlerin Adidal Abou-Chamat (*1957 in München) setzt sich seit längerer Zeit in ihren Foto-und Videoarbeiten, sowie in Installationen und großen Collagen und Zeichenserien mit geschlechtsspezifischen und westlichen Projektionen, Rollenbildern und Klischees in Bezug auf ethnische, kulturelle Differenz auseinander. Dabei schreckt sie vor Provokationen nicht zurück. Sie zeigt Frauen mit Sprengstoffgürteln oder Balletttänzerinnen im Ganzkörperschleier. Ihr Ziel ist es, Identitätsmechanismen aufzudecken. (eine Webseite habe ich nicht gefunden, aber eine einfache google-Suche nach dem Künstlernamen bringt ausgiebig Material)
Prüfeninger Straße

Die Stadtkunst in der Prüfeninger Straße 30 bringt ebenfalls Künstlerin, die sich mit Videokunst und mit Konzeptkunst beschäftigt, nämlich  Birthe Blauth. Ein Blick auf ihre Webseite verspricht hier interessante Aspekte, so dass sich der Weg aus der Altstadt raus zu lohnen scheint. Die Ausstellungseröffnung ist übrigens schon am 14.09.2019, um 19.00 Uhr.

Birthe Blauth beschäftigt sich mit den Mustern und Gesetzen, nach denen wir wahrnehmen, unser Umfeld strukturieren und unsere Kultur entwickeln. Dazu gehört auch, wie überhaupt Naturgesetze und Strukturen entstanden, ob die Welt auch ganz anders sein könnte und ob und welche Freiräume wir innerhalb dieser Strukturen haben. Sie geht mit künstlerischen Mitteln grundlegenden Fragen der Philosphie nach. In der Ausstellung „Universal Noise“ wird Birthe Blauth mit Videoarbeiten, Installationen, Zeichnungen und Objekten die Stadtkunst in eine Noiselandschaft zwischen Chaos und Sinn verwandeln.

Webseite: http://www.bblauth.de/