Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Sonntag, 20. September 2020

Ivana Koubek in der Städtischen Galerie

Ab 26. September ist es soweit. Ivana Koubek, die seit über 30 Jahren in Regensburg lebt, erhält eine verdiente Würdigung ihres Schaffens durch eine Ausstellung in der Städtischen Galerie im Leeren Beutel. Wegen Corona leider ohne Vernissage.  Dafür aber bei freiem Eintritt, denn das ist ebenfalls eine Folge der Covid-Krise: seit 1. August sind die Ausstellungen in der Städtischen Galerie kostenlos.




Ivana Koubek
DYNAMISCHE FACETTEN

26. September bis 15. November 2020
Städtische Galerie im Leeren Beutel



 Zu sehen sind Werke aus den letzten Jahrzehnten, also von dem Faust-Projekt aus 2002 und dem Agnes-Bernauer-Projekt aus 2004 bis hin zu dem aktuellen Projekt, mit dem sich Ivana Koubek seit 2019 intensiv beschäftigte: der Welt der Computer-Spiele oder genauer: der Gamer-Szene.  Letztere Werke machen sogar einen Schwerpunkt der Ausstellung aus. Sie hatte sie bereits erfolgreich in der Dreamhack-Gaming-Messe in Leipzig gezeigt, und bei den leitenden Personen in Regensburg wurde den Werken (die coronabedingt schon seit Wochen hängen, obwohl die Ausstellung erst beginnt) viel Anerkennung gezollt.
 


 
Der große Ausstellungssaal ermöglicht, dass wir einige der  großformatigen Werke sehen können. So z.B. aus dem Faust-Projekt und aus dem Projekt "Die Legende der Agnes Bernauer", sowie einige der großformatigen Bilder aus dem aktuellen Gaming-Projekts. 
 
 

Bilderserie zu Faust
 
 
Die alten  Faust- und Bernauer-Bilder sind immer wieder beeindruckend. Es gibt zudem interessante Hintergrundgeschichten zu den Projekten, bei denen die Künstlerin ihre Theater- und Kulturkontakte spielen ließ, um Veranstaltungen in's Leben zu rufen (z.B. eine Kooperation zwischen den Theatern Regensburg und Prag, oder Performance-Auftritte, bei denen die erschütternden Bernauer-Bilder eingebunden wurden). Diese kann der Leser in einem früheren Beitrag von mir nachlesen: 
 
Gut die Hälfte der aktuell ausgestellten Bilder sind aber dem neuesten Projekt gewidmet. Es geht um die Auseinandersetzung mit der  Welt des Computerspiels, in der für viele User die Grenzen zwischen Realität und Spiel verwischen. Ein Projekt, für das die Künstlerin  mit dem ihr eigenen Perfektionismus recherchiert und bis zu 16 Stunden täglich gearbeitet hat. 
 
Ihre Ausstellung in der Dreamhack war - sogar bei den jugendlichen Spielern - ein Erfolg. Sie wurde trotz des Altersunterschiedes problemlos in die soziale Gruppe aufgenommen, und drei Tage lang lernte sie in Gesprächen mit den Gamern noch intensiver deren Welt kennen, die sie allerdings schon vorher in Einzelinterviews erkundet hatte. Eine Welt, die uns anderen suspekt ist, und voreilig mit Spielsucht abgetan wird. In Wirklichkeit muss man bei aller Kritik an Auswüchsen feststellen: das ist eine Welt, in der viele ganz selbstverständlich ihre Freizeit verbringen, sich dort ausleben, internationale Teams bilden. Es ist der neue Alltag vieler Jugendlichen.

Die Auseinandersetzung mit der Gaming-Szene wird meist mit Game-Art bezeichnet. Es gibt ein paar Künstler, die auf diesem Gebiet ein wenig operiert hat. Ivana Koubek aber setzt im Gegensatz zu den anderen Künstlern ihren Schwerpunkt auf den Gamer selbst, auf dessen Mimik, dessen Emotionen, und die Art, wie er in die künstliche Welt gezogen wird.

Es gibt einen Aufsatz über diese Bilderserie von Koubek in der Zeitschrift für Computerspielforschung (www.paida.de) mit dem Titel "Schau , wie es wirkt". Dort kann man viele der Zeichnungen ansehen, und die Bilder und Zeichnungen werden ausführlich analysiert. 
 
Aber auch ohne Analyse sind die Zeichnungen beeindruckend. Wieviel gezielte Symbolik hinter den Bildern versteckt ist, merkte ich in einem Gespräch mit Ivana Koubek, als sie sie über das Werk sprach, bei dem sie Platons Höhlengleichnis auf die Welt der Onlinegamer übertrug. Alle Elemente sind dort vertreten: das Feuer, das die Schatten wirkt, die Schattenbilder als scheinbare (virtuelle) Realität, der Gamer, der gefangen in der Höhle sitzt und die Schatten für Realität hält und ein Gamer, der dabei ist, die Höhle zu verlassen und in die "echte" Realität zu gehen (wobei unklar ist, ob das nicht auch wieder eine virtuelle Realität ist).



Ivana Koubek vor einem ihrer neuen, großformatigen Werke
zum aktuellen Projekt


 

Die Pressemitteilung der Stadt Regensburg

Die Pressemittelung der Stadt Regensburg, die auch die 20er-Jahre-Ausstellung in der Galerie umfasst, ist hier:
 

Da im Laufe der Zeit die Pressemitteilungen in diesen verlinkten Seiten verschwinden, drucke ich den Text hier komplett ab:

Zwei neue Ausstellungen in der Städtischen Galerie

Im September starten zwei Sonderausstellungen in der Städtischen Galerie im Leeren Beutel. Von 19. September bis 22. November 2020 geht es unter dem Titel „Unter Spannung!“ um Regensburger Künstler in den 1920er Jahren. Ab 26. September 2020 folgt eine Schau mit Werken der Künstlerin Ivana Koubek unter dem Motto „Dynamische Facetten“. Diese Ausstellung läuft bis 8. November 2020.

Unter Spannung! – Regensburg in den 1920er Jahren

Die Rezeption von modernen, überregionalen Tendenzen und das Gefangensein in der Tradition kennzeichnet die Situation der Künstler in den 1920er Jahren in Regensburg. Das Oszillieren zwischen den noch sehr provinziellen Strukturen innerhalb der katholisch geprägten Stadt und der sich Bahn brechenden Moderne der Großstädte kennzeichnet jenen Zeitabschnitt der Stadtgeschichte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Man orientierte sich einerseits künstlerisch an Vorbildern in den größeren Nachbarstädten wie München und griff auch auf expressive gestalterische Mittel der deutschen Metropolen zurück. Andererseits mussten die in der „kleinen Welt am Strom“ lebenden und arbeitenden Künstler wie auch Literaten mit einem ausgeprägten Traditionalismus und dem eigenen Willen zum künstlerischen Ausdruck zurechtkommen. Josef Achmann und Georg Britting schritten dabei voran: Ihnen gelang mit der Gründung der „Sichel“, einer „Monatsschrift für neue Kunst und Graphik“, etwas für Regensburg revolutionär Neues. Sie reihte sich zu Beginn der 1920er Jahre in den Kanon der damals äußerst populären Zeitschriften des deutschen Spätexpressionismus ein, wie beispielsweise „Die Aktion“ oder „Der Sturm“. Weitere Protagonisten innerhalb der Kunstszene Regensburgs waren unter anderem Ludwig Kunstmann, Oskar Birckenbach, Franz Weichmann, Eugen und Richard Wiedamann sen., Max Wissner, Lina Ammer, Christian Metzger oder auch Franz Ermer.

Die Ausstellung ist ein Beitrag der Museen der Stadt Regensburg zum kulturellen Jahresthema „Provinz – Stadt – Metropole“. Sie ergänzt außerdem die im Herbst stattfindende Ausstellung „Tempo, Tempo – Bayern in den 1920ern“ des Hauses der Bayerischen Geschichte aus lokaler Regensburger Perspektive.

Ivana Koubek – Dynamische Facetten

Ivana Koubek ist eine äußerst vielseitige Malerin, Zeichnerin und Illustratorin und seit 1988 als freischaffende Künstlerin in Regensburg tätig. Immer wieder ist sie mit ihrer unverwechselbaren Formensprache in Regensburg präsent – so wie 2018, als sie dem Projekt „TARe – Tanz und Architektur in Regensburg“ sein visuelles Erscheinungsbild verlieh. Mit dem Ausländerbeirat der Stadt Regensburg arbeitete Ivana Koubek schon ebenso zusammen wie sie Plakate für das Bürgerfest schuf.

In der Ausstellung wird unter anderem ihr großes und beeindruckendes Zeichenwerk „Die Legende der Agnes Bernauer“ mit den Themen „Mittelalterliche Liebe“, „Schicksalsrad“, „Hexenwahn“, „Prozess“, „Hinrichtung“ und „Requiem“ zu sehen sein.

Die Ausstellung zeigt jedoch in drei spektakulären Großformaten und vielen kleineren Zeichnungen auch das jüngste Projekt der Künstlerin: die Auseinandersetzung mit der schillernden Welt des Computerspiels, in der für viele User die Grenzen zwischen Realität und Spiel verwischen. Genau mit dieser Problematik beschäftigt sich die Künstlerin sehr intensiv.

Reduzierte, in Schwarz-Weiß gehaltene Gemälde mit Regensburg-Ansichten ergänzen die Schau genauso wie die ebenfalls großformatige Arbeit zum „Walpurgisnachtstraum“ und dokumentieren so die Bandbreite der Malerin und Zeichnerin Ivana Koubek.

Die Ausstellungen „Unter Spannung!“ und „Ivana Koubek“ laufen bei freiem Eintritt zu den regulären Öffnungszeiten der Städtischen Galerie im Leeren Beutel (Dienstag bis Sonntag 10 bis 16 Uhr, geschlossen am 1. November).

Quelle: https://www.regensburg.de/aktuelles/pressemitteilungen/159998/428962/zwei-neue-ausstellungen-in-der-staedtischen-galerie-im-leeren-beutel.html







 

Hier ein paar Links zur Künstlerin und ihren Werken
 
 
 

Galerie:

Städtische Galerie Regensburg
Bertoldstraße 9 . 93047 Regensburg . Tel: 0941/507-2440
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 -16 Uhr
Freier Eintritt
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog