Vor Wochen habe ich bei einer Internetrecherche zufällig eine Rarität gefunden, und zwar auf der Auktionssuchmaschine lotsearch.de: ein origineller Stich, der 2016 vom Regensburger Auktionshaus Keup versteigert wurde. Verfasser unbekannt, datiert auf 17. oder 18. Jahrhundert
Das Originelle an dem Stich, der mir sofort bekannt vorkam, auf dem aber doch etwas nicht stimmte: es scheint sich um eine spiegelbildliche Kopie eines Stichs von Leopold zu handeln.
Es gab damals viele Darstellungen von Regensburg von den Winzerer Höhen aus gesehen. Trotzdem stimmt hier etwas nicht. Stadtamhof im Vordergrund, gut, aber die Brückenrampen zum Oberen Wöhrd müssten nach rechts gehen. Die Hölzerne Brücke (heute Eiserne Brücke) müsste links von der Steinernen Brücke sein, der Dom müsste seine Domtürme rechts haben. Es hat eine Minute gedauert, bis ich die Zusammenhänge erfasste und mir klar war, dass das eine spiegelverkehrte Darstellung ist.
Es handelt sich aber nicht etwa um eine spiegelverkehrtes Digitalisat des Stichs. Denn die lesbare Beschriftung am unteren Rand des Stichs zeigt, dass das Bild wirklich so gewollt war.
Es handelt sich um den Stich "Ratisbona" von Leopold , den ich schon vor Jahren auf auf der Sammlung Moll entdeckt hatte:
Das Moll-Museum gibt zum Bild an:
Ratisbona, von Joseph Friedrich Leopold , [Bild zwischen 1701 und 1725] https://mapy.mzk.cz/de/mzk03/001/055/176/2619321162_01/
Aber auch hierzu ist mir etwas aufgefallen, und zwar, als ich vor ein paar Wochen anfing, dieses Archiv systematisch zu überarbeiten: Leopold dürfte eine ältere Vorlage benutzt haben, die vor 1648 erstellt wurde. Denn meines Erachtens wurde damals die Turmspitze am Brückturm so repariert bzw. geändert, dass er seine heutige Form (mit Uhr und Zwiebelturm) hat. In dem Stich von Leopold ist aber noch die Turmform sichtbar, die Merian in seinem älteren Stich von ca 1644 benutzt hat.
Auf diese Änderung des Brückturms wiederum bin ich gestoßen, als ich in den letzten Monaten eine höchst interessantes, in bavarikon.de neu aufgetauchtes Bild von Stadtamhof entdeckte, und über das ich schon die ganze Zeit schon berichten will. Das werde ich demnächst nachholen!
Und was ist nun die Moll-Sammlung?
Ein deutscher Diplomat namens Bernard Paul Moll besaß im 18. Jahrhundert eine Sammlung historischer Stiche, Bilder und Landkarten, den "Katalog von Bernhard Paul Moll". Diese befindet sich in der "Mährischen Landesbibliothek", das wiederum diese Sammlung (und möglicherweise mehr) unter der domain "mapy.mzk.cz" online zur Verfügung stellt.
Eine unglaublich spannende Quelle für alte Dokumente über unsere Region und damit auch über die Geschichte von Regensburg
Über diese Sammlung hatte ich im Tagebuch hier berichtet:
https://www.regensburger-tagebuch.de/2014/06/sammlung-moll.html
Nachtrag (2.4.2021):
über das französische Portal
https://gallica.bnf.fr habe ich zufälligerweise das Bild gefunden; verwiesen wird dort auf: