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Montag, 11. Oktober 2021

Jürgen Huber und seine aktuelle Ausstellung "Und Lise soll gleich die ganze Welt ..."

Ausstellungseröffnung:  "Und Lise soll gleich die ganze Welt" von Jürgen Huber

Es war Jürgen Hubers erste Vernissage nach langer Zeit: die Eröffnung der Ausstellung im Regierungsgebäude am Emmeramsplatz. Außer einem kleinen Eintrag im Kulturjournal habe ich im Internet keinen Hinweis gefunden. Aber als ich den Andrang am Eingang sah, war mir klar, warum diese Veranstaltung keine große Werbung in den Medien benötigte. 

Dabei kamen die Leute zweifellos, um Jürgen Huber nur in seiner Eigenschaft als Künstler zu würdigen. Denn seine Zeit als Kommunalpolitiker, die er 2008 begann, endete bereits im letzten Jahr. Im April 2020 gab er das Bürgermeisteramt ab und im Herbst 2020 endete die Stadtratsmitgliedschaft

Und noch im Jahre 2020 zog der Wahlregensburger um in sein Atelier-Haus in Schönsee nahe der tschechischen Grenze, wo er offenbar diese Werke ausbrütete. 80 Bilder seien entstanden, von denen er 61 ausgewählt hatte.

Die 61 Bilder sind zum Teil im Raum rechts von der Eingangshalle, zum Teil im Gang hinter der Eingangshalle gehängt, und aus noch zu erklärenden Gründen empfehle ich dem Besucher genau diese Reihenfolge.  

Kurz vor den Eröffnungsrede durch Regierungspräsident Axel Bartelt  warf ich nun also einen Blick auf die Bilder im ersten Raum - und war so überrascht wie begeistert. Wunderbare, detailreiche Collagen mit witzigen, teils anrührenden Texten. Je mehr ich während des Abends die Bilder studierte, desto mehr verliebte ich mich in sie. Ich wusste, was Jürgen Huber künstlerisch auf dem Kasten hat, aber dieser neue Werkzyklus war eine große Überraschung für mich.

Das Ausstellungsthema

Zentrales Thema ist die Sorge um Mutter Erde, meist gesehen aus der Sicht eines Kindes, das sich nach und nach mit dem Thema beschäftigt. Es war dem Künstler wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um Illustrationen einer ausgedachten Geschichte handelt, sondern um frei entstandene Werke, die er durch Veränderungen und witzigen Kommentierungen so modifizierte, dass sie in das  Rahmenthema - Schutz von Mutter Erde - passen. Gleichzeitig entstand durch einige der Bilder eine Art Rahmengeschichte: 

die Geschichte eines Mädchens, das sich aus kindlich-intuitiver Sicht (statt aus der intellektuell-rationalen Sicht von älteren Menschen) mit der Natur zu befassen beginnt. Das später über Mutter Gaja und anderen Dingen erfährt,  und zusammen mit Herrn Wu und einem weiteren Freund nach und nach die (für Erwachsene längt bekannten) Gefahren für Mutter Erde begreift. 

Nicht alle Bilder erwähnen das Kind namens Lise, darum gibt es keine lineare Geschichte, die illustriert wird. Aber wenn einzelne Bilder Textschnipsel wie "Herr Wu ist noch nirgends zu sehen" enthalten, entsteht der Eindruck, diese Bilder wurden so ergänzt, dass eben eine Art Rahmenhandlung entsteht.

Energiegeladen

Ich erinnere mich an Zeitungsmeldungen im Frühjahr 2018. Damals berichteten Journalisten darüber, dass Jürgen Huber - nach erfolgreichem Kampf gegen den Krebs - mit ungeheurer Energie und Tatendrang in die Kommunalpolitik zurückgekehrt war. Diese Energie zeigt er jetzt auch im künstlerischen Bereich, nachdem er seit dem Sommer 2020 nicht mehr von seiner Tätigkeit als Bürgermeister und Grünen-Stadtrat gebremst wird.  Schon im Frühjahr 2021 wurden die ersten 24 Bilder im sogenannten "SCHAUfenster" des Kunsthauses Waldsassen gezeigt (siehe hier und hier), später wurde von 66 Bildern berichtet, und mittlerweile sind offenbar 80 Werke entstanden, wie Huber berichtete. Und diese Werke kann man nicht "mal so schnell nebenher" erstellen.

Der Künstler

Regierungspräsident Axel Bartelt eröffnete die Veranstaltung mit einer ausführlichen und trotzdem immer kurzweiligen Rede. Er lobte Jürgen Huber als Künstler, als Politiker und als Mensch. "Mutig,  ehrlich,  a guate Haut" sagte er an einer Stelle, die mir im Gedächtnis blieb - weil es sehr gut zusammenfasst, wie ich Jürgen Huber seit meinem ersten Kontakt im Jahre 2008 erlebt habe. 

Damals kümmerte er sich gerade um die letzte Veranstaltung im alten Gebäude des Kunstverein GRAZ, dessen Gründungsmitglied und Vorstand er war (siehe: https://www.regensburger-tagebuch.de/2008/02/kunstvereinz-graz-ladehofstrae-die.html).

Dass er weit mehr vorzuweisen hat, als seine bescheidene Art es vermuten ließ, begriff ich erst im Laufe der Jahre, wenn ich zur Vorbereitung von Veranstaltungshinweisen über ihn recherchierte: Mittlerweile über 100 Ausstellungen im In- und Ausland, auch in renommierten Häusern (siehe Vita), ab 1987 erstmals auch in der Städtischen Galerie, Mitbegründer des im WAA-Dunst entstandenen kulturellen Projekts "Warum Vögel fliegen" (siehe MZ-Bericht von Wanner hier), Teilnahme an vielen Diskussionsveranstaltungen und Kongressen mit internationalen Referenten, zahlreiche eigene Vorträge, Autor von acht "Bilder-Lesebüchern", die man leider nur noch gebraucht im Internet findet, Autor des Romans "Hiobertus", das er vor 2013 geschrieben und Anfang 2015 herausbrachte, und die Kritiker begeisterte

Ich weiß nicht, ob diese Bilder jemals als Buch herauskommen werden, sofern sie denn überhaupt dafür geeignet sind. Ich bin da eher skeptisch, auch wenn J. Huber bereits acht Bilder-Lesebücher im Eigenverlag produziert hat. Daher mein Tipp: Sehen Sie sich die Bilder im Regierungsgebäude an,  und bringen Sie dabei Zeit mit. Denn es gibt viel Details zu studieren und man will ja auch die Farben und Formen auf sich wirken lassen. 

Ausstellungsdaten

Die Ausstellung läuft noch bis 19.11.2021

Ort: Regierungsgebäude, Emmeramsplatz

Öffnungszeiten 8.00 bis 16.30, Freitags bis 13.00 Uhr

Regierungspräsident Axel Bartelt und Künstler Jürgen Huber











Links:

Bericht von Peter Geiger über die aktuelle Ausstellung:


Webseite von Jürgen  Huber


Zum Projekt "Warum Vögel fliegen"


Die glaublich letzte Solo-Vernissage in Regensburg im Jahre 2009 (weitere Solo-Ausstellungen gab es gemäß seiner Vita in anderen Städten, ferner nahm er natürlich an Gemeinschaftsausstellungen des Kunstverein GRAZ teil):

https://www.regensburger-tagebuch.de/2009/03/jurgen-huber-und-seine-regensburger.html

Weitere Artikel hier im Tagebuch zu Ausstellungen von Jürgen Huber: benutze Suchfunktion