Anlässlich der Abschlussveranstaltung im KunstvereinGRAZ am 24.06.2023 möchte ich einen Rückblick auf die bisherige Geschichte des Vereins verfassen. Denn soweit ich das erkennen kann, ist das nirgendwo umfassend dokumentiert.
Da auf der Vereinsseite der informative Aufsatz von Gerd Burger nicht mehr existiert, musste ich erst mühsam in meinen alten Artikeln recherchieren. Viel Material, das ich im Laufe der Jahre gesammelt hatte, ist verloren gegangen, Links zu informativen Artikel sind mittlerweile tot. Meine Rettung waren die archivierten Website-Abbildungen auf der "wayback-machine" von archive.org, wo ich die Webseite des Vereins bis zurück zum Jahr 2003 verfolgen konnte.
Überblick:
Die Gruppe formierte sich im Jahre 2002 und wurde gemäß früheren Selbstdarstellungen im Jahre 2003 als nicht eingetragener Verein gegründet. Im Jahre 2008 wurde der Verein zum eingetragenen Verein. Schreibweise: "KunstvereinGRAZ e.V." ohne Leerzeichen. Eine hervorragend designte Webseite unter der domain www.kunstvereingraz.de gab es spätestens ab 2003.
1. Domizil: 2002 bis März 2008, ein ehemaliges Bahnhäuschen neben der Ladehofstraße
2. Domizil: September 2008 bis August 2018, Schäffnerstraße 21, ehemalige Schlosserei Steidl
3. Domizil: August 2021 bis Juni 2023: Obere Bachgasse
Gründungsmitglieder 2003 waren:
- Gisela Bender
- Jürgen Huber
- Stefan Göhler
- Trude Donauer
- Wolfgang Grimm
- Christian Havlicek
- Gerd Burger
- Barbara Krohn
- Gebrüder Teichmann
- Wolfgang Reuther
- Martin Haigis = BeigeGc
Liste der Vorstände ab e.V.-Gründung 2008:
- Jürgen Huber, 2008 - 2010
- Renate Christin 2010 - 2015
- Albert Plank 2015 - 2019
- Jörg Haala 2019 bis heute
1. Domizil: Ladehofstraße
Im Sommer 2002 taten sich vier Maler zusammen, renovierten das ca. 600 qm große ehemalige Zugleiterhaus im Gleisgelände des ehemaligen Verladebahnhof nahe der Ladehofstraße, richteten Ateliers und einen Veranstaltungsraum ein und riefen einen freien Kunstverein ins Leben. Das waren Stefan Göler, Wolfgang Grimm, Christian Havlicek und Jürgen Huber.
Der Name des Kunstvereins kommt daher, dass neben dem ersten Gebäude ein Hinweisschild mit der Aufschrift GRAZ stand. Dieses Schild zeigte den ausfahrenden Zügen die Gleisrichtung an. Der Verein hatte also nie etwas mit der Stadt Graz zu tun. Aber bis heute muss ich verwirrten Bekannten erklären, dass der Kunstverein GRAZ ein Regensburger Künstlerverein ist.
Im Sommer 2002 taten sich vier Maler zusammen, renovierten das ca. 600 qm große ehemalige Zugleiterhaus im Gleisgelände des ehemaligen Verladebahnhof nahe der Ladehofstraße, richteten Ateliers und einen Veranstaltungsraum ein und riefen einen freien Kunstverein ins Leben. Das waren Stefan Göler, Wolfgang Grimm, Christian Havlicek und Jürgen Huber.
Der Name des Kunstvereins kommt daher, dass neben dem ersten Gebäude ein Hinweisschild mit der Aufschrift GRAZ stand. Dieses Schild zeigte den ausfahrenden Zügen die Gleisrichtung an. Der Verein hatte also nie etwas mit der Stadt Graz zu tun. Aber bis heute muss ich verwirrten Bekannten erklären, dass der Kunstverein GRAZ ein Regensburger Künstlerverein ist.
Die Geburtsstätte des Kunstverein GRAZ, leerstehend seit 2008, fotografiert am 19.10.2013 |
Auf der Startseite der Webseite stand im Jahr 2003 (abrufbar über web.archive.org) folgender Text:
Im westlichen Bahnhofsbereich liegt mitten im Gleisbett der Kunstverein GRAZ, der Ateliers, Musikstudio, Ausstellungs- und Veranstaltungsräume auf über 600 qm beherbergt.
Ziel des Vereins ist, zeitgemässe Regensburger Kulturaktivi-
täten zu organisieren. Dies geschieht durch Kommunikation, Ausstellungen, Konzerte, Theater, Tanz, Symposien und Bildungsveranstaltungen.
Durch die multimediale Zusammensetzung des Vereins, vor allem durch die Kooperationsbereitschaft mit anderen Projekten, verspricht sich GRAZ eine massgebliche Bereicherung des Regensburger Kulturlebens.
GRAZ will ein Kompetenzzentrum für genreübergreifende Kultur sein. GRAZ unterstützt aktiv die Regensburger Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2010.
Auf der Unterseite "Verein" befand sich damals ein Text von Gerd Burger, der zusätzlich in ausführlicherer Form als PDF herunterladbar war (und witzigerweise heute noch ist, da die PDF von web.archive.org mit gesichert wurde):
GRAZ oder WO oder WER oder WAS …
Text von Gerd Burger, GRAZer der dritten Stunde
Wo?
Graz liegt in der Steiermark, wie jeder weiß – doch nein, diesmal stimmt das nicht, denn GRAZ liegt in Regensburg in Bayern, mitten im Niemandsland zwischen den Eisenbahngleisen im alten Güterbahnhof. Aber GRAZ steht nun mal in großen schwarzen Lettern auf dem Wegweiser über den Schienen, also muß die Ortsangabe stimmen.
Wer?
Im Sommer 2002 taten sich vier Maler zusammen, renovierten das ca. 600 qm große ehemalige Zugleiterhaus, richteten Ateliers und einen Veranstaltungsraum ein und riefen einen freien Kunstverein ins Leben, um in Regensburg für frischen Wind zu sorgen: Stefan Göler, Wolfgang Grimm, Christian Havlicek und Jürgen Huber.
Sehen - Die bildenden Künstler
Im Ausstellungssaal im ersten Stock fanden im ersten Jahr rund 20 Ausstellung, Konzerte, Diskussionen, Parties statt, im Erd-
geschoß hat Wolfgang Grimm seine Schule der Phantasie ein-
gerichtet. Im Parterre & im ersten Stock gibt’s also immer was zu sehen... in zwölf Monaten für gut und gerne 4000 Besucher.
Hören - Die Tonspezialisten
Im Keller dafür was auf die Ohren. Hier unten ist das Reich der Popband beigeGT, die in den GRAZkatakomben ihr Aufnahme-
studio betreiben. Zwei der Jungs haben überdies als DJs einen so guten Namen, daß sie als Gebr. Teichmann von Berlin bis Barcelona ihre Technobeats auf dem Plattenteller kreisen lassen.
Lesen - Die Buchstabenvirtuosen
Ganz oben in ihrem Zimmer für sich allein fängt die Schrift-
stellerin Barbara Krohn in Gedichten und Romanen Welt & Individuen in Feinschraffur ein oder folgt in Gedanken den Schienen, die vor dem Fenster teils zielstrebig & blank, teils rostig & weidendurchwachsen gen Westen ins Abendrot laufen.
Der literarische Übersetzer Gerd Burger schließlich und die drei Vereinsmacherinnen Gisela Bender, Claudia Heß & Trude Donauer komplettieren die GRAZer Runde.
Was?
Doch egal, ob oben, unten, rechts oder links im Flur: im Hause herrscht Bewegung. In GRAZ zieht man nicht immer am selben Strick und sitzt nicht nur räumlich zwischen den Geleisen – GRAZ bietet den GRAZern Raum & Gelegenheit für Projekte und Aus-
stellungen, den Regensburgern Begegnungen mit inter-
nationalen Künstlern, Symposien, Techno-Raves, Lesungen u.a.m. (auf eigene Gefahr, versteht sich – kein Kaiser, kein Tribun und auch kein Soziokultursrangierbahnhofsoberamtsrat, nein, nur der GRAZer von nebenan kann beim Geplanten weiterhelfen – oder auch nicht, ganz wie er/sie mag).
Und, GRAZ ist ein Kunstverein ohne Berührungsängste gegenüber anderen Genres.
GRAZ ist also ein bunter Hund, ein gemeinsames Stellwerk für die unterschiedlichsten Formen künstlerischen Tuns, ein Ort der Stille, der Farben, der Formen, der Töne, der Worte, ein Treff-
punkt im Niemandsland zwischen den Gleisen, in dem Gäste willkommen sind, gleich, ähnlich oder auch ganz anders Gesinnte.
(eine pdf-Datei mit der langen Textversion können Sie HIER öffnen und anschließend drucken oder herunter laden)
Die PDF mit dem ausführlicheren Text ist über diesen Link abrufbar:
Ein Ausschnitt aus dem ausführlichen Text beschreibt unter anderem die Lage innerhalb der Gleise näher. Damals waren offenbar noch ein paar der Gleise benutzt.
- Kurzum: GRAZ liegt in Regensburg in Bayern und dort mitten im Niemandsland zwischen den Eisenbahngleisen, genau wie Böhmen bei Shakespeare am Meer liegt & auch die Eisenbahn im Güterbahnhofsbereich um GRAZ herum schon regere Tage erlebt hat; ganz links herrscht noch regulärer Zugverkehr auf drei oder vier Schienensträngen, auf weiteren vier Paaren wird zumindest regelmäßig rangiert, auf zwei Geleisen direkt vor dem Haus nur noch selten, zwölf Gleispaare nördlich des Hauses erobert sich seit mehreren Jahren die Natur zurück, die mit sicherem Gespür für Farbe & Form & Inhalt Königskerzen, Birken, Weiden, Buschwindröschen, Beinwell und andere unauffällig auffällige Schönheiten mehr ins Schotterbett pflanzt, um wenigstens floral für eine blühende Industrielandschaft zu sorgen.
Auf der Unterseite "Die Macher" (abrufbar über web.archive.org/...) fand man im Dezember 2003 folgende Liste von Mitgliedern der Künstlergruppe:
|
Die Links funktionieren noch und führen zu Seiten mit genauerer Beschreibung der Künstler.
Interessant ist auch die Unterseite "Schule der Fantasie". Wolfgang Grimm, der nebenher an der Montessori-Schule Kunst unterrichtete, organisierte hier Kurse. (https://web.archive.org/web/20040611220916/http://www.kunstvereingraz.de/codes/sdf/schule1.htm)
Veranstaltungen in der Ladehofstraße
Als letzte Aktion in der Ladehofstraße gab es das "fieldrecording-festival", das ich am vorletzten Tag besuchte (Februar 2008):
Weitere Bilder von diesem Festival sieht man hier in diesem Artikel:
https://www.regensburger-tagebuch.de/2008/02/kunstvereinz-graz-ladehofstrae-die.html
Abriss 2015:
Es war ein genialer Schachzug, in die Werkstatträume einer ehemalige Schlosserei umzuziehen, denn die Atmosphäre dieser Räume, an deren ungeraden Wänden alte Aufputzleitungen und Lichtschalter sichtbar waren, war genauso passend wie diejenige im Bahnhäuschen. Das Ganze erinnert mich an das ehemalige Tacheles in Berlin. In der Schäffnerstraße fanden ab 2008 viele wunderschöne Veranstaltungen statt, wovon ich viele in meinem Regensburger Tagebuch dokumentiert hatte. Hier ein paar Beispiele:
Jürgen Huber und Gisela Bender auf dem fieldrecording festival, 2008 https://www.regensburger-tagebuch.de/2008/02/kunstvereinz-graz-ladehofstrae-die.html |
https://www.regensburger-tagebuch.de/2008/02/kunstvereinz-graz-ladehofstrae-die.html
Im Jahre 2008 musste der Verein aus den Räumen verschwinden, obwohl das Häuschen noch sieben Jahre lang auf dem Gelände stand. Erst 2015 gab es den Abriss. Hier sind meine Fotos von 2013 bis 2015 anlässlich von Streifzügen durch das gerodete Gelände:
Einfahrt zum Bahngelände von der Ladehofstraße aus (heutige "Niedermayerstraße") mit Yorki im Vordergrund |
Einer der Malibu-Liegestühle, die bei der letzten Veranstaltung im Ausstellungsraum standen |
Einige der Gleise existierten noch:
In den folgenden Jahren wurden nach und nach das Gelände gerodet, die Gleise entfernt, und dann die Gebäude abgerissen
Wutzl (Yorki) schnuppert an der Resten des GRAZ-Gebäudes |
Einen der bemalten Steine habe ich mir als Souvenir mitgenommen |
2. Domizil: Schäffnerstraße 21:
Im Frühjahr 2008 musste das Häuschen an der Bahn verlassen werden. Im Herbst gab es eine Eröffnungsfreier für die neuen Atelier- und Ausstellungsräume in der ehemaligen Schlosserei Steidl in der Schäffnerstraße.
(Die Linkadresse enthält scheinbar das Datum 2011, obwohl der Artikel 2008 entstand - das liegt daran, dass der Artikel verloren ging und ab 2011 rekonstruiert wurde: https://www.regensburger-tagebuch.de/2011/09/regensburger-kunstverein-graz.html)
Veranstaltung "Jahresrückblick 2010" für Fördermitglieder
Weitere Fotos: https://www.regensburger-tagebuch.de/2014/12/bilder-von-der-vernissage-grazifikation.html
Eröffnungsfeier im August 2021
https://www.regensburger-tagebuch.de/2021/08/kunstverein-graz-hat-die-neuen-raume-in.html
Veranstaltung "Jahresrückblick 2010" für Fördermitglieder
Ausstellung "Zwielicht - die Kunst der blauen stunde" 2012
Eine der genialsten Aktionen des Vereins in den Räumen in der Schäffnerstraße
Einbindung des Kunstvereins in die Kurzfilmwoche 2012:
Ausstellung microwesten in 2011:
https://www.regensburger-tagebuch.de/2015/01/die-kunstlergruppe-microwesten.html
Jahresausstellung 2013 (GRAZifikation 2013)
Ausstellung "Stadtgeschichten" im Mai 2013
GRAZifikation 2014 (Jahressausstellung 2014)
Das Thema der Ausstellung lautet übrigens: "Möglichkeiten eines Dialogs". Beachte die Kombination der zwei Bilder. |
Einfach mitreissend: Manfred Schimchen (audiomagic Tonstudio) schmettert eine Version von j'taime auf Klingonisch |
Jahressausstellung 2015 (GRAZifikation 2015):
https://www.regensburger-tagebuch.de/2015/12/bilder-von-der-jahresausstellung-im.html
Mehr Fotos: https://www.regensburger-tagebuch.de/2015/12/bilder-von-der-jahresausstellung-im.html
KunstvereinGRAZ, eingebunden in den Galerienabend 2015:
Ausstellung im Kunstverein GRAZ des letzten artist-in-residence-Künstlers |
GRAZ Innenhof mit Lichtinstallation von Havlicek; in der Mitte: Albert Plank im Gespräch |
GRAZ im Bürgerfesttrubel 2015
"Schwarze Arbeiten" Ausstellung im April 2015:
Weitere Bilder hier: https://www.regensburger-tagebuch.de/2015/04/schwarze-arbeiten-ausstellung-im-graz.html
Die Abschlussveranstaltung fand am 11.08.2018 statt
(https://www.regensburger-tagebuch.de/2018/08/kunstverein-graz-abschied-von-der.html)
(https://www.regensburger-tagebuch.de/2018/08/kunstverein-graz-abschied-von-der.html)
GRAZ Hinterhof Schäffnerstraße bei der Abschiedsparty. An die Wand projeziert: die Bilder von GRAZ-Mitglied Christian Havlicek |
Rück-Blick in den Innenhof-Eingang beim Verlassen einer Ausstellung - seit vielen Jahren eines meiner persönlichen Lieblingsfotos, auch wenn es keine Bildaussage hat. |
3. Domizil: Obere Bachgasse
2021: nach drei Jahren ohne festes Domizil gab es eine Eröffnung in den Räumen der Oberen Bachgasse. Ein Domizil, das leider nicht annähernd die Atmosphäre der früheren Räume ersetzen konnte, aber immerhin feste Ausstellungsräume und ein Atelier bot. Teilweise mussten bei den Veranstaltungen die Corona-Bedingungen eingehalten werden - also nicht nur Maskenzwang, sondern auch limitierter Zugang mit kleinen Gruppen, während die anderen Besucher auf der Straße die Führungen abwarten mussten. Da kam bei weiten nicht so viel Stimmung wie in den früheren Domizilen auf.
https://www.regensburger-tagebuch.de/2021/08/kunstverein-graz-hat-die-neuen-raume-in.html
https://www.regensburger-tagebuch.de/2021/08/kunstverein-graz-hat-die-neuen-raume-in.html |
Eine beeindruckende Ausstellung der Künstlerin Fatima Durovic, die leider an der Vernissage nicht teilnehmen konnte.
https://www.regensburger-tagebuch.de/2022/05/tipp-fatima-dur-im-kunstvereingraz.html
Fatima Durovic im Kunstverein GRAZ
https://www.regensburger-tagebuch.de/2022/05/tipp-fatima-dur-im-kunstvereingraz.html
https://www.regensburger-tagebuch.de/2022/05/tipp-fatima-dur-im-kunstvereingraz.html
Juni 2022: Werke von Kevin Coyne und Jürgen Huber
Lesung im Kunstverein GRAZ am 10.06.2022 |
Gründungsmitglied Jürgen Huber, hier im Rahmen einer Lesung von ihm (2022) |
Vorstandsvorsitzender Vincent Pollak vom Kunstverein GRAZ |
Weitere Bilder: https://www.regensburger-tagebuch.de/2022/06/noch-bis-2-juli-werke-von-kevin-coyne.html
Am 24. Juni 2023 gibt es dann noch eine Abschlussveranstaltung als letzte Aktion in den Räumen in der Bachgasse. Die Fotos werde ich hier nachtragen. Ich wollte den Artikel aber schon jetzt veröffentlichen, um die Leute auf den Verein (und die Abschlussveranstaltung) neugierig zu machen.
Nachtrag: Fotos vom 24.06.2023