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Dienstag, 23. Juli 2024

Fotos vom Reinhausener Brückenfest zu "100 Jahre Eingemeindung"


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Die Stadt Regensburg feiert dieses Jahr 100 Jahre Eingemeindung der nördlichen Stadtteile. Denn seit 1924 gehören folgende (früher selbständige) Gebiete zu Regensburg:

  • Stadtamhof
  • Reinhausen
  • Sallern-Gallinkofen
  • Brandlberg-Keilberg
  • Konradsiedlung-Wutzlhofen
  • Ober- und Niederwinzer mit Karger
  • Schwabelweis
  • Steinweg-Pfaffenstein
  • Weichs

Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer hatte schon im April in den Historischen Reichssaal des Alten Rathauses zum Festakt anlässlich dieses Jubiläums geladen. Die Rede der OB habe ich am Ende des Artikels abgedruckt

Am vergangenen Wochenende, also am 20.7. und 21.07.2024 gab es ein Brückenfest auf der - dazu gesperrten - Reinhausener Regenbrücke (siehe meine Ankündigung hier)

Organisiert wurde das Fest vom Verein Kultur am Regen e.V. in Kooperation mit dem Architekturkreis Regensburg e.V. Das Brückenfest bot ein vielfältiges Kulturprogramm, darunter Informationsstände zur Geschichte der Stadtteile Sallern, Reinhausen, Weichs und Steinweg, Spiel und Spaß für Kinder und Erwachsene, eine politische Diskussion, eine Lichtshow, thematische Führungen, Gastronomie und mehr

Ich konnte wegen zahlreicher Verpflichtungen nur Sonntag mittags vorbei sehen, als die Brücke in der Mittagshitze stöhnte. Daher sind auf meinen Fotos relativ wenig Leute zu sehen.

Mit eingebunden war auch die untere Regenstraße, die ebenfalls für den Verkehr gesperrt wurde und vor allem für Familien und Kinder gestaltet wurde. 

Dort traf ich auf Sabine Watzlawik und dem Stand ihrer Organisation "AktionKulturSozial". Dort konnten Kinder ausprobieren, Briefe mit Feder zu schreiben und mit Wachs zu versiegeln. Etwas, was der Verein schön öfters gemacht hatte. Nur diesmal wurden zwei gesonderte Siegel-Stempel angeschafft, um das Ganze an das Eingemeindungsfest anzupassen. 



Wolfgang vom Förderverein erklärte mir auch, warum der vor der Eingemeindung verwendete Stempel von Reinhausen den Heiligen Nikolaus und eine Axt zeigt. Das Wappen von Reinhausen zeigte nämlich mit dem Heiligen Nikolaus den Schutzpatron der Schiffer und Flößer, mit Seil und Axt. Denn in Reinhausen wurden die im Bayerischen Wald gefällten und auf dem Regen angeschwemmten oder zu Flößen verbundenen Stämme beim Holzgarten, kurz vor der Mündung des Regens in die Donau von den Flößern aus dem Wasser gezogen. Das Holz wurde unter Aufsicht des kurbayerischen Holzgarteninspektionsamtes auf dem Gelände des sog. Holzgartens gestapelt und auch weiterverarbeitet.

Dass das Ufergebiet von Reinhausen traditionell mit Holz zu tun hatte, war mir schon immer beim Studium alter Regensburg-Karten aufgefallen.


Nebenan unterhielt ich mich mit dem Förderkreis der Albert-Schweitzer-Realschule. Diese Schule hatte ich in den siebziger Jahren besucht; damals befand sie sich noch hinter den Milchwerken, ein Neubau. Kurz danach ist sie in östliche Richtung umgezogen.


Für viel Gesprächsstoff sorgten die aufgehängten historischen Fotos von Reinhausen, Sallern und Weichs. Da fielen dann Namen wie der "Krakowitzer", der im Eckhaus bei der Kreuzung noch bis in die Siebziger Jahre ein Schreibwarengeschäft führte. Ich kannte den Namen auch, weil ich als Schüler dort öfter mal einkaufte. Die "Julischka Bar" nebenan entstand erst nach meiner Realschulzeit, als die Altstadt für das Rotlichtgewerbe gesperrt wurde und viele umziehen mussten.


Sorgten für Gesprächsstoff: historische Fotos


Gerne hätte ich mir noch den leckeren Steckerlfisch genehmigt, und gerne hätte ich mir abends die "Midlife Crisis" angehört - aber für beides reichte einfach die Zeit nicht. Schade. NAch allem was ich gehört habe, war das Fest erfolgreich und hatte weit mehr Besucher, als es meine Fotos aus der Mittagszeit suggerieren.

Ich hoffe, so ein Brückenfest gibt es irgendwann mal wieder. Und zwar nicht erst in hundert Jahren.

















Der Fußweg runter zur Unteren Regenstraße

Mit eingebunden: die Untere Regenstraße






Der Stand von AktionKulturSozial








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Hier ist die Rede von Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer anlässlich „100 Jahre Eingemeindung der nördlichen Stadtteile“ am Donnerstag, 11. April 2024, 19 Uhr im Historischen Reichssaal (veröffentlicht auf der Homepage der Stadt Regensburg):

Liebe Regensburgerinnen,
liebe Regensburger,
liebe Festgäste,

herzlich willkommen im Historischen Reichssaal, herzlich willkommen zu einem ganz besonderen Jubiläum.
Heute feiern wir 100 Jahre Eingemeindung der nördlichen Stadtteile.

Seit 100 Jahren gehören

  • Brandlberg-Keilberg
  • Konradsiedlung-Wutzlhofen
  • Ober- und Niederwinzer mit Karger
  • Reinhausen
  • Sallern-Gallingkofen
  • Schwabelweis
  • Stadtamhof
  • Steinweg-Pfaffenstein

sowie

  • Weichs

zu Regensburg. Ein Meilenstein in der Stadtgeschichte.

Kein Wunder, dass eine Reihe von Legenden im kollektiven Gedächtnis unserer Stadt davon handeln, dass der Norden Regensburgs nicht immer dazugehörte. Diese kleinen Geschichten werden in einer Weise vorgetragen, die uns sagt: Früher war nicht alles besser.

Dazu gehört das bekannte Redewendung: „Über d’ Bruck wird ned g’heirat.“ – Wer sie heute bemüht, tut das mit einem Augenzwinkern und schüttelt den Kopf dabei. Heute können wir es uns gar nicht mehr vorstellen, dass Keilberg, Stadtamhof, Steinweg, Reinhausen, Sallern, Schwabelweis, Weichs und Winzer außerhalb der Stadtgrenzen lagen.

Die am Eingang ausgestellte Schützenscheibe, die uns dankenswerter Weise von der Schützengesellschaft Diana Reinhausen zur Verfügung gestellt wurde, zeugt von der Auflösung der damaligen Gemeinde Reinhausen im Jahre 1924. Sie ist ein stiller Zeitzeuge des größten Eingemeindungsprozesses von Regensburg vor 100 Jahren.

Die Eingemeindung der nördlichen Stadtteile bezeichnet einen Prozess lange währender Verhandlungen und schließlich eine Entscheidung von solcher Tragweite, dass sie die Entwicklung unserer Stadt bis heute beeinflusst. 

Abgesehen davon, dass Regensburg durch die Eingemeindung an Einwohnern und Flächen für notwendig gewordene Verkehrs- und Wohnungsbauten dazugewann, profitierten auch die Eingemeindeten von Wasserleitungen, einer Straßenbahn oder Sozialleistungen. 

Nach dem 1. Weltkrieg herrschten in Regensburg katastrophale Verhältnisse.

  • Zwei Drittel der Bevölkerung waren unterernährt.
  • Wegen der grassierenden Tuberkulose und anderer Krankheiten nannte man Regensburg die Seuchenstadt.
  • Die Säuglingssterblichkeit lag bei fast 27 Prozent und damit deutlich höher als in anderen bayerischen Städten. 
  • Es herrschten Massenarbeitslosigkeit und Inflation.
  • 1922 waren 1.400 Familien ohne Wohnung.

Die Wohnungsnot war die zentrale soziale Frage der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Baugenossenschaften sprossen aus dem Boden und entwickelten Modelle für einen neuen Siedlungsbau. Doch zur Realisierung der neuen Wohn- und Verkehrsprojekte fehlten die Flächen.

In dieser Gemengelage aus Hunger, Krankheit und Wohnungsnot in einer arg beengten Stadt fasste Oberbürgermeister Otto Hipp mit seinem Stadtrat weitreichende Entscheidungen. Im Ressort der Stadtentwicklung standen Investitionen in Neubauten auf dem Programm. Dazu gehörten beispielsweise Krankenhäuser, wie die Städtische Kinderklinik, der soziale Wohnungsbau und das Werben um Industrieansiedlungen. Eine Startbahn in Prüfening zählte ab 1925 täglich Flüge von und nach München und Nürnberg.

1926 produzierte Regensburg den ersten touristischen Werbefilm. Die Übernachtungszahlen stiegen, ebenso die Bekanntheit unserer Stadt.

Und schließlich führten Bürgermeister und Stadträte Verhandlungen über die Eingemeindung der angrenzenden Gemeinden, um weitere Projekte voranzubringen. Ganz oben auf ihrer Agenda standen Wasserversorgung, Nahverkehr und der Wohnungsbau.

Um es vorwegzunehmen: Zwischen 1923 bis 1928 wurden in Regensburg 1.000 neue, bezahlbare Wohnungen gebaut!

Regensburg ergriff vor gut 100 Jahren die Flucht nach vorn. Die herrschende Not spornte an – für ein besseres Leben in der Domstadt. Auch in den Stadtrandgemeinden herrschte Mangel. In Keilberg etwa gab es keine Wasserversorgung. Aus zwei Tiefbrunnen schleppten die Leute ihr Trinkwasser nach Hause.

Mit der Eigemeindung nach Regensburg 1924 verbesserte sich das Leben in den nördlichen Stadtteilen. Regensburg wuchs. Die Fläche verdoppelte sich und die Zahl seiner Einwohnerinnen und Einwohner stieg um fast 19.000 an und lag jetzt bei ungefähr 75.000. 

Sowohl Regensburg als auch die Eingemeindeten profitierten wirtschaftlich und gesellschaftlich, an gesicherter Wasser- und Stromversorgung, am Ausbau der Schulen, der Straßen, der Straßenbahn und der Teilhabe am leistungsfähigeren Sozialsystem.

Und: die neuen Stadtteile brachten viele eigene Traditionen und Spezialitäten mit, die unsere Stadt teils bis heute prägen:

  • Keilberg mit seinem Kalkabbau, aber auch mit seinen legendären Erdbeeren (früher auch „Keilberger Ananas“ genannt)
  • das traditionelle Handwerker-Viertel Reinhausen,
  • das Sallerner Wasserwerk, das zu den ältesten in Bayern gehört,
  • Gemüse und Wein aus Winzer,
  • der berühmte Weichser Radi, oder auch
  • die Konradsiedlung mit ihrer ganz eigenen Gemeinschaft, die bis heute jedes Jahr in den traditionellen Siedlerfesten zum Ausdruck kommt. 

Und auch wer einen Spaziergang auf dem Dreifaltigkeitsberg unternimmt, ein Spiel in der Armin-Wolf-Arena anschaut oder die Dult besucht, dürfte wohl kaum darüber nachdenken, dass er dafür vor 100 Jahren noch die Stadtgrenze hätte überqueren müssen.

Als Oberbürgermeisterin lese ich die Eingemeindung der nördlichen Stadtteile heute als ein Beispiel für vorbildliches und vorausschauendes Agieren in schwierigen Zeiten. Die Geschichte dieser Eingemeindung handelt von Zusammenhalt und Vielfalt, von Einigkeit und einer Debattenkultur, die stark macht, integriert und Zukunft als gemeinsame Herausforderung begreift. Zu erkennen, welche Hürden unsere Stadt in der Vergangenheit bereits genommen hat, stimmt zuversichtlich.

100 Jahre nach der Eingemeindung der nördlichen Stadtteile Regensburgs stehen wir heute vor anderen Herausforderungen in einer anderen Zeit. Unsere Welt ist globaler und diverser geworden, tradierte Modelle des Zusammenlebens tragen nicht mehr, Digitalisierung und künstliche Intelligenz bergen ebenso Chancen wie Risiken und der Klimawandel fordert konzertiertes Handeln.

Sehr geehrte Festgäste, Sie merken, im Gegensatz zur zentralen sozialen Frage nach dem 1. Weltkrieg ist einiges hinzugekommen. Wesentlich ist, dass heute alle Fragen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit des Umwelt- und Klimaschutzes betrachtet werden. 

Global gesehen leben die meisten Menschen in Städten. Für die Städte bedeutet das, dass sie einen immens großen Beitrag zur Lösung dieser Fragen leisten können und entsprechend große Verantwortung tragen. – Wir nehmen diese Verantwortung gerne an. ....