Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 10. August 2024

L'humide image - im Neunkubikmeter





Seit dem 2. August 2024 wird das neunkubikmeter neu bespielt. Und zwar von der "Artist-in-Residence" Künstlerin Léa Bouttier aus Clermont-Ferrand, der Partnerstadt von Regensburg.

Diese Künstlerin hatte ich schon vor einigen Wochen bei einer Vernissage im artspace Erdel kennengelernt, wo sie nur Besucherin war. Jetzt stellt sie im Schaufenster in der Pustet-Passage aus.

Der Titel der Ausstellung ist „L'humide image“ ein. 

Die Installation, bei der es um den Wert von Kunstwerken geht, ist für den Passanten ohne Hintergrundwissen erstmal unklar, und die erklärende Schrift auf der Schaufensterscheibe leider schlecht lesbar. Ich musste deshalb die Pressemitteilung auf den Seiten der Stadt heraussuchen.




Dabei hat die Ausstellung eine äußerst interessante Hintergrundgeschichte. Es geht um das alte Phänomen Kunstfälscher oder selber Künstler. Aufhänger ist der Kunstfälscher Lothar Malskat

Léa Bouttier hat sich im Rahmen ihres Artist-in-Residence-Aufenthalts vor allem mit der Geschichte dieses Mannes befasst. 

Dieser Maler wurde 1948 damit beauftragt, ein gotisches Fresko in der Lübecker Marienkirche zu restaurieren. Die Einweihung im Jahr 1950 war ein großer Erfolg und eine Sonderbriefmarke wurde zu diesem Anlass herausgegeben. 

Zwei Jahre später gestand Malskat, dass er das Wandgemälde komplett neu erfunden hatte - es war eine Fälschung. Er wurde zu einer Geld- und Gefängnisstrafe verurteilt und das Fresko in der Lübecker Marienkirche wurde mit weißer Farbe übermalt.

Die Geschichte des als Kunstfälscher in die Geschichte eingegangenen Malers veranlasste Léa Bouttier zu einer Reflexion über den Wert, den wir Bildern beimessen, und ihrer Veränderung im Laufe der Zeit. Sei es durch ihre Orts- und Besitzwechsel oder Aktionen, die zu ihrem Verschwinden führen: Waschen, Überdecken, Ausradieren. In Anlehnung an die Sonderbriefmarke von Lothar Malskat, befasste sich die Künstlerin auch mit Bildern aus Zeitungen, die im Umlauf sind.

Das Ergebnis ist ein Konglomerat von Skulpturen mit einer Harzoberfläche, in die eine Reihe farbiger, abstrakter Formen aus Pastellkreide eingearbeitet sind, bei denen es sich um veränderte Bilder aus Zeitungen handelt, die im Verschwinden begriffen sind und keine Informationen mehr vermitteln. 

Die Skulpturen werden durch Haken gehalten, die an Arme erinnern, und die wie der Betrachter versuchen, ein Bild zu erfassen, das nicht mehr da ist.

Über die Künstlerin Léa Bouttier 

Léa Bouttier (*1993) lebt und arbeitet in Clermont-Ferrand. Der Schwerpunkt ihres künstlerischen Schaffens sind Skulpturen, Videokunst und Performance. Im Fokus ihrer zeitgenössischen Kunst stehen Formen aller Art, deren fragmentarischer und fiktionaler Charakter Interpretationsmöglichkeiten aufzeigt. 

Seit Anfang Juni ist sie für zwei Monate im Rahmen der Cross-Residency, eine Kooperation zwischen den beiden Partnerstädten Regensburg und Clermont-Ferrand, zu Gast im Atelier im Andreasstadel.

Über Lothar Maskat